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Polizei verbietet Aufmarsch der Rechten im Altmarkdorf Insel Landtag geht für Menschenwürde auf die Straße

Von Michael Bock 07.06.2012, 05:19

Mitglieder des Landtags von Sachsen-Anhalt wollen am Freitag im Altmarkdorf Insel für Menschenrechte auf die Straße gehen. Ein auch für diesen Tag geplanter Aufmarsch von Rechtsextremisten wurde verboten.

Insel/Magdeburg l Das Parlament will nach der Zuspitzung der Proteste gegen zwei entlassene Sexualstraftäter ein deutliches Zeichen setzen. Unter dem Motto "Die Würde des Menschen ist unantastbar" wird zu einer Kundgebung aufgerufen. Hauptredner ist Landtagspräsident Detlef Gürth (CDU). Er sagte der Volksstimme gestern, man dürfe "den menschenverachtenden Rechtsextremisten nicht unwidersprochen den Raum überlassen". Diese würden die Sorgen der Menschen in "unerträglicher Weise politisch instrumentalisieren".

Gürth betonte, dass die Parlamentarier den Bürgern auch "ein Gesprächsangebot unterbreiten wollen, das über den Tag hinausgeht". Nach der Kundgebung, an der auch die Minister Angela Kolb (Justiz) und Norbert Bischoff (Soziales, beide SPD) teilnehmen wollen, ist eine Andacht in der Dorfkirche vorgesehen. Dieser schließt sich eine Diskussion mit Bürgern aus Insel an.

Die Bischöfin der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, bot eine Vermittlerrolle an. "Ich bin sehr besorgt über die Situation. In Insel steht mehr auf dem Spiel als das Miteinander im Dorf. Gefragt ist die Kultur eines Miteinanders, das nach schwerem Fehlverhalten dennoch einen neuen Anfang möglich macht", sagte sie.

Ein ebenfalls am Freitag von Rechtsextremisten geplanter Aufmarsch in Insel wurde gestern von der Polizei verboten. "Die Versammlungsbehörde hat dies entschieden, da sie die öffentliche Sicherheit gefährdet sieht", sagte die Sprecherin der Polizeidirektion Nord, Beatrix Mertens. In der siebenseitigen Begründung sei insbesondere auf "die Entwicklungen der vergangenen zehn Monate" verwiesen worden. Die Veranstaltung sei eine Fortsetzung bisheriger Proteste, "die eine Atmosphäre der Ausgrenzung der ehemaligen Straftäter aus der menschlichen Gemeinschaft" erzeugt habe, hieß es. Der mit Parolen erzeugte Vertreibungsdruck müsse aufgehalten werden.

Am Wochenende waren die Proteste gegen die beiden früheren Sicherungsverwahrten in Insel eskaliert. Mehrere Menschen hatten versucht, deren Wohnhaus zu stürmen.

Der altmärkische NPD-Vorsitzende Heiko Krause, der die Demonstration angemeldet hatte, sagte zur Verbotsverfügung: "Wir werden sogleich vor dem Verwaltungsgericht dagegen vorgehen." Er rechne mit bis zu 100 Demonstranten, die am Freitag nach Insel kommen wollen. Es habe sich auch die Chemnitzer NPD-Stadträtin Katrin Köhler angekündigt. Aus dieser Stadt war vor einer Woche der jüngere der beiden Männer nach massiven Protesten geflohen. Er wollte sich in Sachsen eine neue Existenz aufbauen.

Unterdessen kündigte Insels Ortsbürgermeister Alexander von Bismarck (CDU) an, dass der Ortschaftsrat heute eine Erklärung verabschieden werde. Darin werden die Neonazis aufgefordert, die Demonstration abzusagen "und sich nicht den Ort Insel für ihre Parolen zu suchen". Zugleich heißt es, dass sich Bürger von Insel "von Anwendung jeglicher Gewalt distanzieren". Ihr Protest richte sich dagegen, "dass fehlende Integrationskonzepte für die unter uns lebenden entlassenen ehemaligen Sexualstraftäter eine enorme und nicht durch die Bürger von Insel ausgelöste Belastung in unserer Gemeinde bedeuten". Seite 5