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  5. Finanz-Affäre: Gefälligkeit für Spende an die CDU?

Ex-CDU-Abgeordneter Brumme berichtet von dubiosem Angebot zweier Herren; die stiegen später mit prominenter Hilfe in der Partei auf Finanz-Affäre: Gefälligkeit für Spende an die CDU?

11.07.2012, 03:20

Warum hat der CDU-Landespolitiker Jens Kolze zwei Schlüsselfiguren der Dessauer Finanz-Affäre beim Aufstieg in der CDU geholfen? Eine Schilderung von Kolzes ehemaligem Fraktionskollegen Kurt Brumme wirft jetzt auf den Fall ein besonderes Licht.

Magdeburg/Dessau (dapd) l Im Winter vor der Landtagswahl 2006 hätten sich zwei Herren an ihn gewandt und im Gegenzug für künftige "Gefälligkeiten" eine Parteispende für die CDU angeboten, sagte der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete Kurt Brumme gestern auf Nachfrage.

Die beiden Herren waren der IHK-Regionalbereichsleiter Dietmar Baumung und der Baustoff-Unternehmer Hans-Werner Pohl. Gegen beide ermittelt heute die Staatsanwaltschaft Halle. Sie sollen in einem Netzwerk aus CDU-Mitgliedern, Unternehmern und einem Bediensteten der Landesregierung vier Millionen Euro Arbeitsmarkt-Fördermittel erschlichen haben.

Baumung und Pohl waren zu jener Zeit erst wenige Wochen CDU-Mitglieder in Brummes Ortsverband Roßlau. Kurt Brumme erinnert sich an das Treffen mit ihnen genau. Er habe einen Anruf von Pohl erhalten. Der Unternehmer "lud mich in ein Restaurant in Dessau-Kochstedt ein, weil er etwas besprechen wollte", sagte Brumme. Als er dort gegen Mittag eintraf, hätten Pohl und Baumung bereits gewartet.

Beim Essen kamen die Herren zur Sache. "Sie fragten mich, was denn ein Landtagswahlkampf so kosten würde. Ich erklärte, dass es je nach Aufwand zwischen 8000 bis 15 000 Euro sein dürften", berichtete Brumme. Daraufhin hätten Pohl und Baumung kurz gezögert und dann gesagt: Gut, da lasse sich was machen.

Brumme: "Sie sagten, dafür müsste ich Ihnen aber auch mal den einen oder anderen Gefallen tun, wenn es nötig werden sollte. Das habe ich abgelehnt. Etwas anderes als eine Spendenquittung würden sie von mir nicht bekommen. So eine Verpflichtung kam nicht infrage." Empört berichtete Brumme Parteifreunden danach von der fragwürdigen Offerte.

Aktuell zum Vorfall angefragt, reagierten weder Baumung noch Pohl.

Einige Monate nachdem Brumme das dubiose Angebot ausgeschlagen hatte, wechselten Baumung und Pohl in den Ortsverband Dessau-Mitte - und stiegen dort rasch auf. Auch mit Hilfe des CDU-Kreisverbandschefs und Landtagsabgeordneten Jens Kolze, wie Partei-Papiere belegen. Aktuell angefragt, ob Baumung oder Pohl Gegenleistungen für Spenden erbeten haben, antwortete Kolze: "Eine derartige Erwartung ist mir gegenüber nicht geäußert worden."

Kolze hat in der CDU Gewicht. Er ist innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion und zurzeit Chef der Konferenz der innenpolitischen Sprecher von CDU/CSU in Bund und Ländern.

Unterlagen zufolge schlug Kolze Baumung für den Verwaltungsrat der Sparkasse Dessau-Roßlau vor. Noch heute sitzt dieser in dem Gremium. Zudem sprach Kolze mit ihm 2007 dessen - erfolgreiche - Kandidatur für den CDU-Ortsvorsitz in Dessau-Mitte ab. Auch für Pohl setzte sich Kolze ein. 2008 unterstützte er Pohl bei der Kandidatur für den Landesvorstand der Partei - erfolglos. Später engagierte sich Kolze, um Pohl zum Vorsitz der Dessau-Roßlauer CDU-Stadtfraktion zu verhelfen.

Aus dem Dessauer Netzwerk flossen auch 6000 Euro an die CDU. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen sie im Zusammenhang mit der Fördermittelaffäre behielten Baumung und Pohl lange ihre politischen Posten.

Parteimitglieder kritisierten das scharf. In einem Brief an CDU-Landesparteichef Thomas Webel beschwerten sie sich bereits 2010 über Kolzes mangelnde Objektivität. Ohne Erfolg.