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Hans-Georg Moldenhauer Er schmiedete die Fußball-Einheit

"Zurücklehnen kann ich mich nicht", sagt Hans-Georg Moldenhauer. Zwar hat der 72-jährige Multifunktionär seine wichtigsten Ehrenämter im Sport längst abgegeben, der Rat des Magdeburgers ist aber weiterhin sehr gefragt. Sein größter Coup liegt bald 25 Jahre zurück - die Einheit im Fußball.

Von Thomas Juschus 07.08.2014, 03:14

Magdeburg l Der Mann hat viel erlebt. Und er hat viel zu erzählen. Einmal angetippt, sprudeln die Anekdoten nur so aus Hans-Georg Moldenhauer heraus. Den 31. März 1990 hat der ehemalige Oberliga-Torwart des 1. FC Magdeburg noch im Gedächtnis, als wäre es letzte Woche gewesen. Kein Wunder, veränderte doch dieser Tag sein Leben nachhaltig. Und stellte die Weichen vorentscheidend für die Einheit im deutschen Fußball.

Knapp viereinhalb Monate nach dem Mauerfall wurde Moldenhauer im Frühjahr 1990 in Strausberg zum ersten frei gewählten Präsidenten des Deutschen Fußball-Verbandes (DFV). "Im ersten Augenblick dachte ich, mich tritt ein Pferd", erinnert sich Moldenhauer. "Ich habe von Anfang an auf das Thema Wiedervereinigung gesetzt. Und das so schnell wie möglich - alles andere wäre auch gegen den Baum gegangen", so der Magdeburger, der sich in einer Kampfabstimmung mit 175:147 Stimmen gegen den favorisierten Günter Schneider aus Zwickau durchsetzte.

Kaum acht Monate später gab Moldenhauer sein Amt als DFV-Präsident wieder ab, wurde Präsident des neu gegründeten Nordostdeutschen Fußball-Verbandes (NOFV) und steuerte diesen am 21. November 1990 als fünften Regionalverband in den Deutschen Fußball-Bund (DFB). "Mein Credo lautete immer: Je kürzer ich im Amt bin, desto besser habe ich gearbeitet", sagt Moldenhauer heute wie damals.

Für Moldenhauer waren die turbulenten Wende-Monate der Beginn seiner Laufbahn als Sportfunktionär. Nach der kurzen Episode als DFV-Präsident führte er den NOFV bis 2010, von 1990 bis 2010 gehörte er dem DFB-Präsidium an (siehe Infobox), davon 15 Jahre als Vizepräsident. Im Deutschen Sportbund (DSB) oder im Trägerverein für das Bundesleistungszentrum Kienbaum arbeitetete der promovierte Maschinenbau-Ingenieur ebenfalls zwei Jahrzehnte an entscheidender Stelle mit.

Spuren hat Moldenhauer fast überall hinterlassen - zuletzt wurden diese wieder im Fußball deutlich, beim WM-Gewinn der deutschen Mannschaft in Brasilien. Denn unter Moldenhauers Führung startete der DFB eine Qualifizierungsoffensive im deutschen Fußball, zudem leitete er die Kommission für den DFB-Fußballentwicklungsplan, der im Oktober 2007 veröffentlicht wurde.

Das Thema Qualifizierung beschäftigt Moldenhauer, der diesen Sommer mit seinen Enkeln an der Ostsee verbrachte und dafür sogar auf die Einladung des DFB zum WM-Endspiel nach Rio de Janeiro verzichtete, auch heute noch. Aktuell setzt sich der 72-Jährige für eine bessere Förderung der C-Lizenz ein. "Wir brauchen qualifizierte Trainer. Wir dürfen in Zeiten des demografischen Wandels niemand verlieren", sagt Moldenhauer.

Die Ost-West-Trennung habe der DFB seit einigen Jahren erfolgreich überwunden. "Viele Jahre hieß es: ,Deine Truppen da drüben`. Das spielt seit sieben, acht Jahren keine Rolle mehr", berichtet Moldenhauer. Gleichwohl sieht auch er, dass der Osten der Republik in der 1.und 2. Bundesliga nur noch durch Neuling RB Leipzig und Union Berlin vertreten ist.

"Es ist bedauerlich und schmerzlich, dass es keinem der ehemaligen 14 Oberliga-Klubs aus der DDR, die doch einen recht ordentlichen Fußball spielten, gelang, sich dauerhaft in der Bundesliga zu etablieren. Hansa Rostock und Dynamo Dresden haben bewiesen, dass es geht, sind aber durch Stockfehler kaputt gewirtschaftet worden", so Moldenhauer. Gravierende Fehler bei der Fußball-Einheit habe es nicht gegeben. "Natürlich haben wir nicht alles richtig gemacht. Das Thema Qualifizierung hätte man schärfer durchführen können, und die Vereine im Lizenzierungsverfahren besser stützen können", sagt Moldenhauer rücblickend mit dem Abstand von fast 25 Jahren.

Insgesamt ist der vereinte Fußball eine Erfolgsgeschichte - genauso wie die Funktionärslaufbahn von Moldenhauer. An beides hat der Magdeburger am Abend des 9. November 1989 nach dem Training vor dem TV-Gerät nicht im Traum gedacht ("Unvorstellbar."). Fast 25 Jahre später ist der Rat von Hans-Georg Moldenhauer auch ohne Amt weiter gefragt. "Ich bin immer noch Anlaufpunkt für viele, das macht mich sehr glücklich. Ich weiß ganz gut Bescheid in dem Geschäft und bin fast jedes Wochenende unterwegs." Das Zurücklehnen muss warten.