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Spenderorgane Drei Frauen machen anderen Mut

Drei Frauen leben mit einer Spenderniere. Im Verein Niere machen sie anderen Mut – und sind dafür als „Magdeburger des Jahres“ nominiert.

Von Christina Bendigs 06.12.2014, 02:04

Magdeburg l Herzversagen, Leberversagen, Nierenversagen. Viel schneller als es einem Menschen lieb ist, kann er auf ein Spenderorgan angewiesen sein. Christine Köthe, Iris Kolloch und Christa Göllner wissen das aus eigener Erfahrung. Alle drei leben mit einer gespendeten Niere. Alle drei haben Dialyse und mit ihrer Erkrankung verbundene Leiden hinter sich gelassen. Bis heute sind sie auf Medikamente angewiesen und werden es ein Leben lang sein. Doch im Vordergrund steht für alle das Glück, das sie hatten: ein passendes Spenderorgan. "Es ist, als würde man ein neues Leben geschenkt bekommen. Man ist wieder freier, muss nicht alle zwei Tage zur Dialyse", sagt Christa Göllner.
Alle drei engagieren sich seit Jahren im Verein Niere. Auf diese Weise wollen sie Betroffenen Mut machen und ihnen zeigen, dass es sich lohnt weiterzumachen. Allzu gut können sie nachempfinden, wie sich Betroffene fühlen, sie wissen, mit welchen Sorgen Erkrankte zu kämpfen haben. Was darf ich noch essen? Wozu lebe ich noch? Wie bin ich sozial abgesichert? Was ändert sich in meinem Privatleben? Fragen über Fragen, die mit der Diagnose zumeist auf einen unvorbereiteten Patienten zukommen. Ärzte würden sich stark engagieren, aber auch ihre Kapazitäten seien begrenzt. Vielen Patienten falle es zudem leichter, mit einem Betroffenen zu sprechen, dem das gleiche Schicksal widerfahren ist. In diesem Punkt wollen die Frauen Ansprechpartner, Ratgeber oder einfach nur Zuhörer sein. Sie wissen, wie wichtig es für Betroffene ist, ihr Schicksal erzählen zu können.
Um nicht ausschließlich auf den eigenen Erfahrungsschatz zurückzugreifen, sondern auch mit entsprechendem Wissen ausgestattet zu sein, besuchen die Frauen regelmäßig Schulungen, haben unter anderem einen Lehrgang zur Patientenbetreuerin absolviert, in dem sie wichtiges Rüstzeug für ihre Arbeit erhielten.
Frauen klären über Organspenden auf
Doch ihre Aktivitäten beschränken sich nicht nur auf die Begleitung von Patienten. Auch in puncto Organspenden sind die Frauen engagiert, klären bei großen Festen wie dem Sachsen-Anhalt-Tag, dem Rathausfest in Magdeburg oder der Sozialmeile über das Thema auf, gehen sogar in Schulen und halten dort Vorträge. Obwohl sie inzwischen seit Jahren Aufklärungsarbeit leisten, sind es die immer gleichen Fragen und Ängste, mit denen sie an Informationsständen konfrontiert werden. Die Angst davor, nicht gerettet zu werden, Sorgen darum, auf die Organspende reduziert zu werden. Doch hier können sie beruhigen. "Die Wahrscheinlichkeit, dass man ein Spenderorgan benötigt, ist siebenmal höher als die Wahrscheinlichkeit, dass man als Spender in Frage kommt", erzählt Christine Köthe. Und Christa Göllner ergänzt: "Jeder ist Patient, und alle hoffen, dass er die Augen wieder aufschlägt."
Den Frauen ist bewusst, dass ihr Glück für eine andere Familie ein schwerer Schicksalsschlag war. Als umso wichtiger erachten sie Veranstaltungen und Einrichtungen wie den Park des Erinnerns, Gedenkens und Hoffens, der in Halle entsteht. Jährlich werden dort Bäume gepflanzt, um Spendern und deren Angehörigen zu danken. Jährlich kommen dort Menschen, die mit einem Spenderorgan leben, mit Menschen, die auf ein Organ hoffen, zusammen, ebenso wie mit Angehörigen, die einen wichtigen Menschen verloren haben. Eine emotionale Veranstaltung, die den drei Magdeburgerinnen die Tränen in die Augen treibt. Alle sind sie zutiefst gerührt, als sie über ihre Besuche dort sprechen.
Für ihr Engagement und ihren Mut hat die Volksstimme die Frauen zu "Magdeburgern des Jahres" nominiert. Bescheiden nehmen Christine Köthe, Iris Kolloch und Christa Göllner diese Ehrung an. Schließlich sind sie nicht allein im Regional- bzw. Landesverband des Vereines Niere engagiert. Holger Hünrichs, Manfred Kleinert und Uwe Köthe wirken ebenfalls mit viel Einsatz mit. Und auch viele Mitglieder helfen. Spender und Sponsoren unterstützen die Arbeit der Frauen, ebenso Ärzte, die zur Seite stehen, wenn es um die Organisation von Vorträgen geht. Für die drei Frauen ist deshalb klar: "Der ganze Verein, Landes- wie Regionalverband, wird Magdeburger des Jahres."
Nicht zuletzt fanden und finden die Frauen Halt in ihren Familien. "Das ist es auch, was man als Erkrankter braucht; dass Familie und Freundeskreis mitziehen", sind sie sich einig. Ohne diesen Rückhalt hätten sie die Krankheit nicht so gut überstanden.
Den Coupon, mit dem Sie Ihren persönlichen Favoriten aus allen nominierten Magdeburgern des Jahres wählen können, finden Sie am Sonnabend als Beilage zu Ihrer Volksstimme.