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Scheidungskinder"Darf ich beide lieb haben?"

"Hinterm Horizont geht‘s weiter" heißt die neue Therapiegruppe des Familienhauses in Magdeburg für Kinder aus Scheidungsfamilien.

Von Stefan Harter 27.01.2015, 12:23

Magdeburg l Anders als bei den anderen Projekten steht und fällt bei der Kindergruppe im Familienhaus alles mit der Unterstützung der Volksstimme-Leser. Denn damit das neue Angebot für sieben- bis zwölfjährige Kinder aus Scheidungs- bzw. Trennungsfamilien Anfang des kommenden Jahres starten kann, werden deren Spenden gebraucht. "Wir können das Projekt nur realisieren, wenn es die Unterstützung gibt", sagt Geschäftsführerin Marina Wölk. Sie weiß aber auch: "Der Bedarf ist da."
Denn bereits seit mehreren Jahren bietet das Familienhaus den sogenannten begleiteten Umgang an, bei dem das Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, unter Aufsicht der Pädagogen Zeit mit ihm verbringt. Das passiert entweder auf richterliche Anordnung oder auch aus eigenem Antrieb der Eltern heraus. "Manch Vater weiß gar nichts, mit seinem Kind anzufangen", sagt Marina Wölk.
Um betroffenen Kindern zu zeigen, dass es nicht nur ihnen so geht, sondern auch andere Kinder mit der Wut und der Trauer nach einer elterlichen Trennung leben müssen, soll die Gruppe gegründet werden. Dort sollen sich die Kinder auch untereinander über ihre Erfahrungen austauschen und sich so selbst Lösungen aufzeigen, erklärt Projektmitarbeiterin Jasmin Strilow.
"Eine Trennung ist für Kinder oft eine große psychische Belastung", weiß Marina Wölk. Viele würden "massive Loyalitätskonflikte" bekommen. Sie stellen sich Fragen wie "Darf ich noch beide lieb haben?", ohne eine Antwort parat zu haben. Oft wirken sich die privaten Sorgen auf die Schule aus, die Noten fallen ab. Und nicht selten würden die Probleme bis ins eigene Erwachsenenalter mitgenommen, wo die Scheidungskinder selbst Schwierigkeiten haben, eine funktionierende Beziehung zu führen.
Das Wichtigste sei, dass die Kinder lernen, dass nicht sie an der Trennung schuld sind. "Manches Kind denkt jahrelang, dass sich die Eltern scheiden ließen, weil es nicht das Zimmer aufgeräumt hat," erzählt Wölk. "Wir wollen sie stark werden lassen, so dass ihr Selbstwertgefühl steigt und sie sich auch trauen, ihre eigene Meinung zu sagen", beschreibt sie das Anliegen der Gruppenarbeit.
Auch die Eltern werden nicht gänzlich außen vor gelassen, in Einzelgesprächen wird individuell auf die Sorgen ihres Kindes eingegangen.
Mit den Spenden der Volksstimme-Leser soll die für das Projekt notwendige Personalzeit zur Verfügung gestellt werden, erklärt sie weiter. Denn das präventive Angebot des Familienhauses hat keine Festfinanzierung wie eine Beratungsstelle und kann nur über zusätzliche Mittel wie Spenden ermöglicht werden. "Uns liegt es am Herzen, Kindern zu helfen, bevor es zu spät ist", sagt Marina Wölk.
Anfang des Jahres soll "Hinterm Horizont geht‘s weiter" für Kinder aus dem Raum Magdeburg und der Börde beginnen. Familien können sich unter Telefon 0391/99 00 00 99 über das Angebot informieren.