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Asiatisches Virus bedroht Geflügelbestände europäischer Bauern / Krisentreffen in Berlin Vogelgrippe kehrt zurück

24.11.2014, 01:17

In Europa steigt die Bedrohung durch das hochansteckende Vogelgrippe-Virus H5N8: Bei Rügen wird der Erreger erstmals bei einem Wildvogel entdeckt. In Berlin soll nun am Montag bei einem Krisentreffen über die Lage beraten werden.

Schwerin (dpa) l Zwischen China und Mecklenburg-Vorpommern klafft eine Lücke. Anfang des Jahres taucht das Vogelgrippe-Virus H5N8 in Ostasien auf, Anfang November wird der Erreger dann plötzlich im Nordosten Deutschlands nachgewiesen. Doch wie kam er dorthin? Auf der weiten Strecke haben Experten bisher keinen Fall von Geflügelpest entdeckt. "Was uns fehlt, sind Belege für den Weg von Asien nach Europa", heißt es beim Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, auf der Insel Riems.

Nun scheint sich der Verdacht, dass Wildvögel die Krankheit eingeschleppt haben könnten, zu erhärten. In Deutschland gibt es den zweiten Vogelgrippe-Fall - und zwar erstmals bei einem Wildvogel. Entdeckt wurde das hochansteckende Virus in einer Krickente. Diese Tiere bewohnen Europa und Asien und fliegen bei ihren Wanderungen über weite Strecken. Der infizierte Vogel wurde bei der Wildvögel-Überwachung auf der Insel Rügen in Mecklenburg-Vorpommern geschossen.

33 000 Mastputen fallen Erreger zum Opfer

Bei der Krickente waren keine äußeren Krankheitszeichen zu sehen, wie der Schweriner Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) sagt. Das macht das Aufspüren des Erregers auch so schwierig. Möglicherweise, erklärt FLI-Sprecherin Elke Reinking, erkrankten Wildvögel-Arten nicht ernsthaft an dem Virus - und könnten daher trotz einer Infektion noch lange Strecken fliegen und es weiterverbreiten. "Man sieht es einfach nicht."

Während das Virus H5N1 für ein Massensterben bei Wildvögeln gesorgt habe, gelte das für H5N8 nicht, sagt Reinking. An dem Erreger H5N1 steckten sich weltweit seit 2003 weit über 600 Menschen an, zahlreiche Infizierte starben.

Nutzgeflügel allerdings - Legehennen und Puten - mache das Virus H5N8 sehr krank, sagt Reinking. In einem Putenbetrieb in Heinrichswalde in Mecklenburg-Vorpommern, in dem die Geflügelpest Anfang November ausgebrochen war, verendeten rund 2000 Tiere. Weitere etwa 31 000 Mastputen mussten dann getötet werden. In den vergangenen Wochen breitete sich die Vogelgrippe auch in den Niederlanden und Großbritannien aus. Erst am Wochenende war H5N8 in einem dritten Geflügelbetrieb in den Niederlanden nachgewiesen worden, insgesamt mussten im EU-Nachbarland bereits 200 000 Hühner getötet werden.

Das nun in Europa aufgetauchte Virus H5N8 war zuvor nur aus Südkorea, China und Japan bekannt. "Wir müssen jetzt von einem europaweiten Seuchengeschehen sprechen", sagt Backhaus.

Landwirte müssen Tiere in Ställen unterbringen

Damit das Virus nicht weiter streut, sollen Geflügelhalter dafür sorgen, dass ihre Tiere keinen Kontakt zu Wildvögeln haben können. Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) ruft dazu auf, Geflügel in allen Bundesländern in Ställen und nicht im Freien unterzubringen. In Mecklenburg-Vorpommern müssen bereits seit Samstag alle rund 13 Millionen Hühner, Puten und Enten sowie anderes Nutzgeflügel in Ställen oder überdachten Volieren leben.

Weitere Empfehlungen des FLI: Wildvögel sollten nicht an Futter und Wasser von Nutzgeflügel gelangen, Mitarbeiter sollten ihre Schuhe wechseln oder desinfizieren, wenn sie in einen Stall gehen, und bei unklaren Krankheitsbildern sollte unbedingt an aviäre Influenzaviren gedacht werden. Die Symptome der Geflügelpest sind nämlich sehr unspezifisch, wie Reinking betont. "Man sieht den Tieren aber an, dass es ihnen nicht gut geht. Sie fressen nicht so gut und legen nicht so gut Eier."

Bundesagrarminister Schmidt hat für Montag eine Krisensitzung in Berlin einberufen. Bereits am Samstag fordert er die Bundesländer zu einem aktiven Wildvogel-Monitoring auf - Tiere sollen erlegt und untersucht werden. "Das Monitoring ist wichtig", betont auch Reinking. "Denn für Deutschland - und auch Europa - wissen wir nicht so ganz, wie weit verbreitet der Erreger unter Wildvögeln ist. Da muss man dringend nachschauen."