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Inferno auf der Autobahn bei Rostock Sandsturm über der A19: Viele Tote bei Massenunfall

Von Joachim Mangler 09.04.2011, 04:27

Katastrophe auf der Autobahn bei Rostock: Dutzende Fahrzeuge rasen ineinander, weil ihnen aufwirbelnder Sand die Sicht nimmt. Mindestens acht Menschen kommen ums Leben, viele werden verletzt.

Kavelstorf (dpa). Es ist ein kaum vorstellbares Inferno: In einem Sandsturm, bei extrem schlechten Sichtverhältnissen von weniger als zehn Metern rasen am Freitagmittag bei Rostock Autos auf der A19 ineinander. Im Sekundentakt knallen sie mit ohrenbetäubendem Lärm auf die vor ihnen stehenden Fahrzeuge, schieben sie ineinander. Am Ende sind es rund 80 Wagen, die auf der Straße liegen bleiben. Davon sind drei Lastwagen, einer auch noch ein Gefahrguttransporter. Mindestens acht Tote sind zu beklagen. 97 Menschen wurden verletzt.

"Das ist der schlimmste Verkehrsunfall, den Mecklenburg-Vorpommern je erlebt hat", sagt Polizeisprecherin Yvonne Burand. Ein Augenzeuge spricht, spürbar geschockt, von "einem nie gesehenen Chaos".

Zeugen berichten von einer Wand aus Sand

Wie der Unfall begann, ist schwierig zu ermitteln. Augenzeugen berichten von einer regelrechten Wand, als sie in eine leichte Senke hinter einem Waldstück hineinfuhren. Ein Sturm, der seit der Nacht über den Norden Mecklenburg-Vorpommerns fegte, hatte Unmengen Sand von den umliegenden kahlen Feldern aufgewirbelt und über die Autobahn geweht. Auf der Fahrbahn liegen regelrechte Sandwehen. In beiden Fahrtrichtungen krachen die Autos ineinander.

Dann beginnen Fahrzeuge zu brennen. Auch der Gefahrguttransporter, der umgekippt ist, fängt Feuer. Unter dem tonnenschweren Fahrzeug sind weitere Autos eingeklemmt. Ob darin Menschen sind – am Freitagnachmittag war dies noch unklar. Was der Laster geladen hat, ist ebenfalls noch nicht bekannt. "Kohlenwasserstoffe", heißt es zunächst, also Mineralölprodukte wie etwa Benzin. Die Menschen, die Richtung Berlin fahren, haben Glück. Sie bleiben von dem Feuersturm verschont.

Nach Abschluss der Löscharbeiten bietet sich den Helfern ein Bild des Grauens. Polizistin Burand ringt nach Worten: "Man weiß nicht, wo das eine Wrack anfängt und das andere aufhört." Die Toten sind auch Stunden danach nicht identifiziert.

Mehrere hundert Rettungskräfte sind im Einsatz. Rettungswagen verlassen im Minutentakt die Unfallstelle, Hubschrauber kreisen. Die Arbeit der Retter wird immer noch durch beißenden Sand behindert. Bauern sprühen Gülle auf die angrenzenden Felder, um den trockenen Sand zu binden. Ein bestialischer Gestank breitet sich über den Unfallort.

Der Sturm richtete auch an anderen Orten Schäden an. In Ostvorpommern wurden zwei Menschen bei einem Unfall leicht verletzt. Der Sturm hatte das Auto mit Anhänger von der Straße gedrückt. Etliche Bäume wurden umgeworfen und behinderten den Verkehr.