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"Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" erreicht mehr als acht Millionen Zuschauer Fast unheimlich: Wie der Dschungel RTL nach oben spült

Von Carsten Rave 27.01.2011, 04:31

An RTL gibt es kein Vorbeikommen – das müssen auch die schärfsten Kritiker des Kölner Privatsenders zugeben. Der Dschungel, die Supertalente – jede Show funktioniert. Den altgedienten Programmen wie ARD und ZDF lässt RTL kaum eine Chance.

Berlin (dpa). Jeden Tag Gesprächsthema, jeden Tag ein Rekord. Der private Fernsehsender RTL ist in seinem Aufwärtstrend nicht zu stoppen. Schon im Herbst erklomm die Samstagabend-Castingshow "Das Supertalent" mit Dieter Bohlen neue Rekordmarken. Jetzt stellt die Dschungelshow "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" die Konkurrenz in den Schatten.

Selbst wenn der Zuschauer mal wie am Montag zu vergeblichen, aber kostenpflichtigen Anrufen aufgefordert wird: Das Publikum ist RTL nicht gram und bleibt dran – 8,34 Millionen Zuschauer schalteten die Dschungelshow am Dienstagabend ein.

"Das Supertalent" war bereits in der vierten Staffel im Grunde nichts Neues. Aber diese Statistikbetrachtung trügt. Denn das ältere Publikum, das vor vielleicht fünf Jahren noch mit leicht rümpfender Nase über Casting und Dschungel herzog, hat sich an die RTL-Spektakel gewöhnt. Und ihre jetzt volljährigen Kinder sind in die RTL-Show-Tradition hineingewachsen.

RTL hat zwar mit den Sendungen keine eigenen Ideen umgesetzt, denn es handelt sich um Lizenzware. Aber die Shows sind auf den deutschen Markt exakt zugeschnitten und inzwischen kaum merklich, aber gezielt so perfektioniert, dass die Akzeptanz breiter werden musste.

Besonders der Kniff, die große Show mit Doku-Soap-Techniken anzureichern, also die aufstrebenden Castingstars mit den tragischen und heiteren Geschichten aus ihrem Alltagsleben dem Publikum anzudienen, funktioniert. Gut kommt beim Publikum auch die Form leichter Selbstironie an. Als perfektes Beispiel stehen dafür die Dschungelcamp-Moderatoren Sonja Zietlow und Dirk Bach.

Alle Welt redet von RTL. Und wo bleibt die öffentlich-rechtliche Showkompetenz? ARD und ZDF, die mit ihren Shows mit Kreativ-Avantgardisten wie Peter Frankenfeld, Hans-Joachim Kulenkampff oder Hans Rosenthal einst Straßenfeger produzierten, sind aus dem Fernsehverstand der 90er Jahre nicht herausgewachsen, scheint es. Wirklich umwälzende Innovationen? Fehlanzeige.

"Wetten, dass..?" könnte zum Auslaufmodell werden, wenn Thomas Gottschalk eines Tages geht. Der "Musikantenstadl" ist die quotenstärkste ARD-Samstagabendshow, aber bereits 30 Jahre alt. Was tut es da zur Sache, wenn Kai Pflaume eine altgediente Jörg-Pilawa-Show in der ARD übernimmt? Wen bewegt es, wenn Pilawa eine neue Show im ZDF moderiert? Denn es ist ja auch nur ein Quiz, das noch einem Trend entspringt, den Günther Jauch ("Wer wird Millionär?") im Jahr 1999 setzte – bei RTL.

Viele andere Shows, egal ob von Andy Borg, Carmen Nebel, Jörg Pilawa, Eckart von Hirschhausen moderiert, leiden im öffentlich-rechtlichen TV zwar nicht unter schwachen Quoten. Aber es sind schwindende Schichten. Während beim "Musikantenstadl" der Marktanteil der Menschen unter 50 manchmal nur bei drei Prozent liegt, stürzen sich im Segment der Jungen um die 40 Prozent in den Dschungel.

Nun lautet der öffentlich-rechtliche Auftrag zwar, ein Programm für alle zu machen, doch wie viele vergebliche Versuche hat es bereits gegeben, jüngere Zuschauerschichten für ARD und ZDF zu begeistern? Die bleiben bei RTL hängen oder auch bei Stefan Raab.