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Stahlkuppel-Versuch im Golf von Mexiko missglückt Kampf gegen die Ölpest braucht einen "Geniestreich"

Von Frank Brandmaier 10.05.2010, 05:21

Herber Rückschlag im Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko: Experten des BP-Konzerns mussten ihren Versuch abbrechen, mit Hilfe einer riesigen Stahlkuppel das unablässig ausströmende Öl abzusaugen.

Washington (dpa). An Warnungen vor allzugroßem Optimismus hatte es nicht gefehlt. Eine riesige Stahlkuppel über die sprudelnde Ölquelle im Golf von Mexiko zu stülpen, sei "sehr komplex", suchte BP-Manager Doug Suttles schon vor Tagen Hoffnungen zu dämpfen, ein Ende des Desasters sei nun nahe. "Wir werden die ganze Zeit auf Herausforderungen treffen."

Dass der beispiellose Versuch aber derart schnell in der Sackgasse landete, überraschte auch ihn. Der Kampf gegen das unablässig am Meeresgrund sprudelnde Öl wird immer vertrackter, ein technischer Geniestreich tut not. Dabei mangelt es allem Anschein nach nicht an Ideen. Die Chancen indes: ungewiss.

Der von US-Präsident Barack Obama ernannte Einsatzchef, Admiral Thad Allen, lag nicht verkehrt, als er unlängst die Rettung der "Apollo 13"-Astronauten vor genau 40 Jahren mit der Herausforderung am Golf verglich.

Mit viel improvisierter Tüftelei war es den NASA-Ingenieuren damals gelungen, die drei Besatzungsmitglieder auf Mond-Mission zur Erde zurückzuholen, nachdem ein Tank explodiert war.

Binnen weniger Tage hatte BP die riesige Stahlkuppel zusammenschweißen lassen. Kaum ist sie am Meeresboden, verstopfen Kristalle aus Öl und Wasser die Öffnung, durch die das ausströmende Öl zu einem Schiff gelangen sollte. Was nun? Vielleicht ist warmes Wasser die Lösung, das zum Meeresgrund gepumpt wird. Oder Methanol als Frostschutzmittel. "Wir schauen uns jede Option an, und dafür brauchen wir die nächsten beiden Tage", sagte Suttles am Sonnabend nur. Und jeden Tag sprudeln 700 weitere Tonnen Rohöl ins Meer.

Für Nicht-Ingenieure klingt es verwegen, was die Experten noch alles im Kampf gegen den Ölfluss in Erwägung ziehen. Darunter: Gummistücke oder Ähnliches in das Blow-Out-Preventer genannte, tonnenschwere Sicherheitsventil zu schießen, das über der Ölquelle sitzt und das Bohrloch eigentlich versiegeln sollte. "Mancher vergleicht das mit dem Verstopfen einer Toilette", so Suttles.

BP-Chef Tony Hayward brachte vorige Woche die Idee auf, Zement oder schweren Schlamm durch den Blow-Out-Preventer dem ausströmenden Öl quasi entgegenzupumpen und die Quelle auf diese Weise zu stopfen. In solchen Wassertiefen wurde die Methode aber noch nie angewendet.

Manager Suttles hat seine Zweifel. Das Risiko dabei: Das Sicherheitsventil mit einer solchen Aktion vollends zu ramponieren und dadurch die letzte noch verbliebene Kontrolle über den Ölfluss zu verlieren. Sollte das passieren, könnte sich die Menge des ausströmenden Öls verachtfachen, sagten BP-Experten laut "Washington Post" Mitgliedern des US-Kongresses gegenüber.

Die Konsequenzen wären nicht auszudenken, sollten alle Versuche scheitern. Zwar gehen die Entlastungsbohrungen im Meeresboden weiter, durch die das Ölleck zum Versiegen gebracht werden soll.

Doch bis es soweit ist, dürfte es noch mehr als zwei Monate dauern.