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40-Jährige sitzt gerade Haftstrafe wegen Betruges ab und spricht von "Totgeburten" Drei Babyleichen bei Wohnungsauflösung gefunden

26.04.2012, 03:15

Gießen (dpa/dapd) l Grausiger Fund bei einer Wohnungsauflösung: Im mittelhessischen Landkreis Gießen sind Camping-Kühlboxen mit den Leichen dreier Babys entdeckt worden. Wie Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei gestern mitteilten, wurden zwei der Boxen bereits am Dienstag im Zuge der Wohnungsauflösung einer 40-jährigen Frau gefunden, eine weitere gestern. Offenbar handelt es sich um eine Frau aus Langgöns bei Gießen, die zurzeit eine sechsmonatige Haftstrafe wegen Betrugs absitzt.

Die Frau sei Mutter von vier lebenden Kindern, von denen eines erst kürzlich während der Haft in der Justizvollzugsanstalt zur Welt kam. Weil die Frau einen Kontakt mit dem Kind ablehnte, sei es inzwischen in einer Pflegefamilie untergebracht worden. Die Frau befand sich vor dem Fund der Babyleichen im offenen Strafvollzug, ist jetzt aber wieder im geschlossenen Vollzug untergebracht. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Ute Sehlbach-Schellenberg, sagte allerdings, es bestehe kein dringender Tatverdacht gegen die 40-Jährige. Dennoch werde wegen des Anfangsverdachts eines möglichen Tötungsdelikts vermittelt. Die Frau sei bereits vernommen worden.

Wie verlautete, gab die Mutter an, es habe sich um Totgeburten gehandelt. Die Sprecherin der Anklagebehörde sagte dazu, dies sei ebenso möglich wie ein Vorsatz der Frau bei der Tötung der Kinder. Die Mutter habe sich in einem "normalen Zustand" befunden. "Es war keine Messie-Wohnung", sagte Sehlbach-Schellenberg weiter. Nähere Angaben zu den familiären Umständen werde die Staatsanwaltschaft erst am Donnerstag machen. Der Vater der Kinder stehe jedoch nicht im Fokus der Ermittlungen.

Polizei findet immer wieder Babyleichen

Die Babyleichen sind in den nicht gekühlten Boxen mittlerweile verwest. Von der Obduktion erhoffen sich die Ermittler weitere Erkenntnisse. Erst danach seien Angaben zu Geschlecht, Alter, Todeszeitpunkt und eventueller Todesursache möglich, teilte die Staatsanwaltschaft Gießen mit. Zwei der Boxen mit Babyleichen seien am Dienstagabend im Keller des Mehrfamilienhauses gefunden worden, in dem die 40-Jährige wohnte. Bei der Durchsuchung einer von ihr genutzten Garage tauchte den Angaben zufolge am Mittwochvormittag eine weitere Box mit einer Babyleiche auf.

Erst Anfang März war eine 33-Jährige aus dem mittelhessischen Villmar wegen der Tötung ihrer drei Säuglinge zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Sie hatte gestanden, zwischen 2004 und 2009 ihre nur wenige Wochen alten Babys mit einem Tuch erstickt zu haben. Ärzte hatten bei den ersten beiden Kindern plötzlichen Kindstod diagnostiziert und dann Verdacht geschöpft. Immer wieder stößt die Polizei auf tote Babys, zum Teil jahrelang versteckt in Wohnungen. Für viel Aufsehen hatte im Sommer 2005 ein Fall im brandenburgischen Ort Brieskow-Finkenheerd gesorgt. Dort wurden die Leichen von neun Babys in mit Blumenerde gefüllten Gefäßen entdeckt.

Die Mutter der Kinder hatte ihrem Ehemann die Schwangerschaften zwischen 1988 und 1998 verheimlicht und die Neugeborenen unversorgt sterben lassen. Sie wurde im Juni 2006 wegen achtfachen Totschlags durch Unterlassen zu 15 Jahren Haft verurteilt. Das Urteil wurde 2009 durch den Bundesgerichtshof bestätigt.