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Hochwasser an der Oder in Brandenburg / Behördenchef: "Jetzt kriegt man langsam den Ernst der Lage mit"

27.05.2010, 05:17

Bewährungsprobe für die Deiche an der Oder. Nach der Hochwasser-Katastrophe 1997 wurden die Dämme ausgebaut. Nun steigt die Flut wieder. Experten beschwören den "Ernst der Lage".

Beeskow (dpa). An der Oder in Brandenburg gilt seit gestern Abend die höchste Hochwasseralarmstufe 4 zur Katastrophenabwehr. Es besteht die Gefahr, dass Dämme und Deiche überflutet werden. Am Pegel Ratzdorf wurde eher als erwartet der kritische Grenzwert von 5,90 Meter erreicht.

Deichläufer patrouillieren Tag und Nacht auf den Wällen, die Ortschaften und Äcker vor den Fluten schützen sollen. "Jetzt kriegt man langsam den Ernst der Lage mit", sagte der Präsident des Brandenburger Landesumweltamtes, Matthias Freude. Die Deiche und auch die Behörden seien aber viel besser vorbereitet als bei der Jahrhundertflut von 1997.

"Alles, was ich zumindest gesehen habe an Vorbereitungen – und ich bin für die ganzen Deiche verantwortlich – das ist optimal gelaufen." Er habe ein gutes Gefühl.

Brisant war die Lage in Frankfurts polnischer Nachbarstadt Slubice. Große Teile der Stadt liegen unterhalb des Oderpegels. Wasser aus der Kanalisation könnte sie deshalb rasch überfluten und zu Deichbrüchen führen. Bürgermeister Ryszard Bodziacki hat an die Einwohner appelliert, Slubice zum Wochenende zu verlassen. Geräumt wurde auch das örtliche Krankenhaus.

In Polen beruhigte sich die Situation, nachdem der Hochwasserscheitel der Weichsel in die Ostsee abfloss. "Alles ist unter Kontrolle", verkündete Innenminister Jerzy Miller in Warschau. Nirgendwo bestehe mehr die Gefahr, dass der Fluss über die Ufer trete. Wachsamkeit sei aber nach wie vor gefragt, weil die extrem lange Flutwelle die Dämme geschwächt habe. In Warschau wurden gesperrte Straßen und geschlossene Schulen und Kindergärten wieder freigegeben. Wegen Seuchengefahr gilt für den Fluss ein Badeverbot.

Das Bangen in Brandenburg wird unterdessen noch einige Tage anhalten: Die Mündung soll das Oder-Hochwasser einer Prognose des Hydrometeorologischen Instituts in Warschau zufolge erst heute in einer Woche, also am 3. Juni, erreichen.