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Erste Medien steigen aus Instant Articles bei Facebook: Was bringt es den Verlegern?

Für manche Medien wie die "New York Times" sind Instant Articles schon wieder Geschichte. Die Verlage in Deutschland experimentieren noch. Klar ist aber, sie passen nicht überall ins Konzept.

Von Andreas Heimann, dpa 26.05.2017, 10:54

Berlin (dpa) - Skepsis gab es gegenüber Facebooks Instant Articles von Anfang an. Inzwischen sind die ersten Medien schon wieder ausgestiegen, darunter der "Guardian" und die "New York Times".

Stephan Scherzer, Hauptgeschäftsführer beim Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), nennt das einen "deutlichen Wake-up-Call für Facebook". Auch in Deutschland stellten sich viele Häuser die Frage, wie viel es bringe, auf Facebook dabei zu sein.

"Die Erkennbarkeit der Marke geht auf Facebook ein Stück weit verloren", sagt die Kommunikationswissenschaftlerin Wiebke Loosen vom Hans-Bredow-Institut in Hamburg. Schon jetzt sei es so, dass viele Nutzer auf die Frage, woher sie ihre Nachrichten bekommen, schlicht "Facebook" antworteten - unabhängig von wem sie recherchiert und veröffentlicht werden. "Und das ist nicht im Interesse der Medien", sagt Loosen.

Hinzu komme, dass es bei vielen Verlagen ein Umdenken gebe: weg vom Versuch, alles zu tun, um die Reichweite zu maximieren, hin zu möglichst starker Leserbindung. "Instant Articles lassen sich schlecht mit Paid Content kombinieren", sagt Loosen. Denn wenn ein Verlag sich für seine digitalen Inhalte bezahlen lassen will, kann er sie kaum gleichzeitig kostenfrei bei Facebook verbreiten. "Die Verlage von "Guardian" und "New York Times" haben das als Experiment betrachtet", erklärt Loosen. "Und offensichtlich sind ihre Erwartungen nicht erfüllt worden."

Für Instant Articles gibt es aus Sicht der Expertin allerdings zwei schlagende Argumente: Wer seine Texte in dem sozialen Netzwerk veröffentlicht, kann damit seinen Leserkreis erheblich ausbauen und im Idealfall neue Zielgruppen erreichen. Und die Ladezeiten sind bei Instant Articles viel kürzer als auf Websites, weil sie direkt bei Facebook gespeichert werden - das macht es für ungeduldige Nutzer attraktiv.

Hinzu kommt, dass sich mit Instant Articles über Werbung Geld verdienen lässt: Nehmen Medien das selbst in die Hand, können sie die Einnahmen zu 100 Prozent behalten. Lassen sie sich von Facebook bei der Vermarktung helfen, sind es immerhin noch 70 Prozent. Ob sich die genannten Vorteile bezahlt machen, hänge aber sehr stark vom einzelnen Medium ab, betont Loosen.

Mehrfach skeptisch hat sich Mathias Müller von Blumencron geäußert, der Chefredakteur für den Bereich Digitale Medien bei der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Den Ausstieg des "Guardian" kommentierte er Ende April auf Twitter: "Instant Articles an den Konzern zu verschenken, macht schlicht keinen Sinn."

Dagegen gehörte "Spiegel Online" zu den ersten Medien in Deutschland, die es mit Instant Articles probiert haben. Torsten Beeck, dort Social-Media-Experte, findet das nach wie vor gut: "Wir sehen mehr Vorteile als Nachteile."

"Spiegel Online" profitiere von zusätzlicher Reichweite, Instant Articles seien userfreundlich und unterm Strich ein gutes Produkt, sagt er. Man müsse zugegebenermaßen abwägen, was sich mehr lohne, zum Beispiel ob man durch den Verzicht auf Instant Articles mehr Traffic auf die eigene Plattform bekomme und das den Nachteil der höheren Ladezeiten ausgleiche.

VDZ-Geschäftsführer Scherzer kritisiert, von den Inhalten, die die Verlage als Instant Article veröffentlichten, profitiere Facebook mehr als diejeinigen, von denen sie stammten. Deshalb müsse das Netzwerk nachlegen: "Was zu lange gedauert hat, sind Registrierungsmöglichkeiten für Verlagsangebote wie Newsletter, Abos und Events", sagt Scherzer. "Und grundsätzlich fehlt, dass es keine ernsthaften Paid-Content-Optionen gibt."

Facebook räumt ein, Bezahlmodelle bisher wenig unterstützt zu haben. Das Thema werde aber zunehmend wichtiger. Dazu zähle, neue Werbeformate zuzulassen oder zum Beispiel den Abschluss eines Abos zu erleichtern, was allerdings schon von der technischichen Umsetzung oft komplizierter sei als erwartet.

Eine andere Frage sei, wie Facebook die Verleger ohne Paywall besser unterstützen könne, etwa mit anonymisierten Nutzerdaten, die ihnen bei der besseren Vermarktung helfen könnten, und mit neuen Funktionen wie E-Mail-Newsletter-Optionen aus Instant Articles heraus. Insgesamt seien Instant Articles ein erfolgreiches Produkt. Inzwischen beteiligen sich Facebook zufolge weltweit rund 9000 Publisher daran.

Facebook hat außerdem gerade angekündigt, Publishern künftig zu ermöglichen, ihre als Instant Articles erstellten Beiträge auch in die Konkurrenzformate von Google und Apple umzuwandeln. Möglich ist das nun für Googles Accelerated Mobile Pages (AMP), die sich mobil ebenfalls schnell abrufen lassen. Die entsprechende Lösung für Apple News soll noch folgen.

Aus Sicht von Wiebke Loosen bedeutet der Ausstieg von Medien wie "Guardian" und "New York Times" jedenfalls nicht, dass Instant Articles gescheitert seien. Dass Verlagshäuser komplett auf die Zusammenarbeit mit Facebook verzichten könnten, sei nicht absehbar.

VDZ-Geschäftsführer Scherzer ist noch nicht zufrieden: "Wir sehen Bewegung, aber es tut sich zu wenig, deshalb ist es gut, wenn weltweit starke Marken jetzt mal den Stecker ziehen." Für das Netzwerk gehe es schließlich auch um Imagegewinn durch den journalistischen Input der Verlage.