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Spezialeinheit schlägt zu Mutmaßlicher Enkeltrick-Erfinder in Polen gefasst

Ermittlern in Polen geht der mutmaßliche Chef der Enkeltrick-Mafia ins Netz. "Hoss" gilt als Erfinder der Betrugsmasche. Jahrelang soll er damit auch deutsche und österreichische Senioren um ihr Geld gebracht haben.

Von Natalie Skrzypczak, dpa 22.03.2017, 14:41

Warschau/Wien (dpa) - Zur Tarnung rasierte er Bart und Haare und setzte sich eine Brille auf, so berichten es die Fahnder. Sein Sohn brachte ihm demnach als Handwerker verkleidet Essen ins Warschauer Versteck.

Dennoch kam die polnische Polizei dem mutmaßlichen Chef der Enkeltrick-Mafia auf die Spur, der als Erfinder der Betrugsmasche gilt. Vergangene Woche nahm sie Arkadiusz L. in einer Wohnung in der polnischen Hauptstadt fest.

Der Einsatz habe den unter dem Spitznamen "Hoss" bekannten Betrüger vollkommen überrascht, heißt es von Polens Polizeieinheit für organisiertes Verbrechen CBSP über die Festnahme. "Er leistete keinen Widerstand", sagt Sprecherin Agnieszka Hamelusz.

Rund drei Jahre hatten ihre Kollegen gemeinsam mit Hamburger Ermittlern nach dem mutmaßlichen Kopf der organisierten Bande gesucht, die in großem Stil deutsche, Schweizer- und österreichische Senioren mit der Enkeltrick-Masche bestohlen haben soll. Der 49-jährige Pole war ihnen im Februar dieses Jahres bereits knapp entkommen. Ein polnisches Gericht ließ ihn auf Kaution frei. "Hoss" tauchte zum vereinbarten Termin nicht wieder auf.

Jetzt werde er wohl nicht so schnell wieder auf freien Fuß kommen, sagt Hamelusz. Die dreimonatige Untersuchungshaft könne die Staatsanwaltschaft verlängern. Sie wirft dem 49-jährigen Polen Betrug in vier Fällen mit einem Schaden von rund 300 000 Euro vor. Nach Angaben der österreichischen Polizei soll die "Hoss"-Bande im deutschsprachigen Raum sogar eine Milliarde Euro erbeutet haben.

Mehr als ein Dutzend Komplizen habe der Pole gehabt, vor allem aus der Familie, wie Hamelusz sagt. Als ihr Anführer soll "Hoss" den Enkeltrick erfunden haben. Bei der Masche gaukeln Betrüger ihren zumeist älteren Opfern am Telefon vor, ein Verwandter zu sein. Als vermeintliche Enkel oder Neffen bringen sie die oft alleinlebenden Senioren dann dazu, ihnen Geld zu geben.

Mit dem simplen und zugleich perfiden Trick war "Hoss" möglicherweise lange im Geschäft. "Mindestens zehn Jahre - mindestens", sagt Hamelusz. Bis er gefasst worden sei, habe er wohl abwechselnd in Deutschland, Polen, Österreich und Großbritannien gelebt, mutmaßt sie.

Wo "Hoss" nun vor Gericht kommt und was er selbst zu den Vorwürfen sagt, steht bislang nicht fest. Nicht nur Polen will den mutmaßlichen Betrüger zur Verantwortung ziehen. Österreich erließ einen europäischen Haftbefehl. Einer Auslieferung habe der Beschuldigte freiwillig nicht zugestimmt, sagt Michal Dziekanski von der Warschauer Staatsanwaltschaft. Die polnische Justiz werde nun über das Gesuch entscheiden.

Mitteilung CBSP