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Ohne Verdacht auf Straftaten BAMF soll künftig Handys von Flüchtlingen auslesen dürfen

Es geht um Grundrechte. Deshalb ist die Sache heikel. Künftig soll das Bundesflüchtlingsamt Handys von Flüchtlingen auslesen dürfen - eines von mehreren Vorhaben eines neuen Abschiebepakets.

20.02.2017, 14:07

Berlin (dpa) - Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) soll künftig in bestimmten Fällen die Daten der Handys von Asylbewerbern auslesen dürfen. Mit einem Gesetzentwurf zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht sei auch diese Regelung auf den Weg gebracht worden.

Das sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. Die "Süddeutsche Zeitung", der WDR und der NDR hatten zuerst darüber berichtet. Das BAMF soll so die Identität von Asylbewerbern besser feststellen können, wenn sie bei deren Klärung nicht mitwirken.

Es gehe um Einzelfälle, sagte der Sprecher. Man sei sich bewusst, dass es sich um Eingriffe in einen Kernbereich privater Lebensgestaltung handele. Auch der Aufwand sei hoch.

Die Pläne zum Handy-Auslesen hatte im Grundsatz eine Sonder-Ministerpräsidentenkonferenz bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 9. Februar in Berlin beschlossen - zusammen mit mehr als einem Dutzend weiteren Punkten. Diese sehen im Kern mehr und schnellere Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber aus Deutschland vor. Der Gesetzentwurf des Innenressorts, der diese Beschlüsse zur "Rückkehrpolitik" umsetzen soll, befindet sich derzeit in der Abstimmung zwischen den Bundesministerien.

Die Linke kritisierte die geplante Möglichkeit des Handy-Zugriffs. "Das ist eine moderne, technisch aufgepeppte Version davon, alle Tagebücher zu lesen und alle Briefe zu öffnen", sagte Parteichefin Katja Kipping. "Das ist ein tiefer Einschnitt in die Privatsphäre."

Bei dem Gesetzesplan eilt es wegen des bevorstehenden Endes der Legislaturperiode mit der Bundestagswahl im Herbst. Seinem Ministerium sei bewusst, "dass wir zeitlich unter enormen Druck stehen", sagte der Sprecher von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) weiter. Die Opposition und die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hatten die Vorhaben heftig als zu weitgehend kritisiert.

Das Bundesinnenministerium schätzt laut "Süddeutscher Zeitung", WDR und NDR, dass im Vorjahr bei 50 bis 60 Prozent der Asylsuchenden das Auslesen eines "Datenträgers" in Betracht gekommen wäre. Das wären etwa 150 000 Menschen gewesen. Der Sprecher schränkte ein, es sei "ein himmelweiter Unterschied", ob von potenziellen Fällen gesprochen werde, wo so ein Schritt in Frage gekommen wäre - oder ob es tatsächlich gemacht wird.

Nach Behördenangaben kommt es vor, dass Flüchtlinge falsche Personalien angeben, um eine Abschiebung zu verhindern oder bei Sozialleistungen betrügen zu können.

Die Außenstellen des BAMF sollen nach den Medienberichten mit Hard- und Software aufgerüstet werden, so dass etwa 2400 Datenträger pro Tag ausgelesen werden können. Laut Ausländerzentralregister befinden sich 213 000 "vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer" in Deutschland.

Nach geltender Rechtslage gibt es die Möglichkeiten des Auslesens von Datenträgern zur Feststellung der Identität bereits für die Ausländerbehörden der Länder und die Polizei.

Beschluss Sonder-MPK zur "Rückkehrpolitik"