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Merkel steht zu Wir schaffen das - und sieht frühere Fehler

Auch nach einem Jahr: Angela Merkel bereut ihren Satz Wir schaffen das nicht. Fehler wurden gemacht, sagt sie, aber lange davor. Aus ihrer Partei bekommt sie Unterstützung für eine neue Amtszeit.

31.08.2016, 19:15

Berlin (dpa) - Ein Jahr nach ihrem Satz Wir schaffen das in der Flüchtlingskrise steht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ohne Abstriche zu ihrer zuversichtlichen Einschätzung. Zugleich räumte sie Fehler in der deutschen Flüchtlingspolitik der Vergangenheit ein.

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass dieser Satz richtig war, sagte Merkel nach Gesprächen mit Italiens Regierungschef Matteo Renzi im italienischen Maranello.

Der Satz habe eine bestimmte Haltung und eine bestimmte Motivation ausgedrückt. Ich glaube, dass wir vieles geschafft haben, aber auch etliches zu tun bleibt, sagte sie. Aber aus meiner Sicht war dieser Satz berechtigt und richtig.

In der Süddeutschen Zeitung betonte die CDU-Vorsitzende zudem: Auch wir Deutschen haben das Problem zu lange ignoriert und die Notwendigkeit einer gesamteuropäischen Lösung verdrängt. Schon 2004 und 2005 seien ja viele Flüchtlinge gekommen - und wir haben es Spanien und anderen an den Außengrenzen überlassen, damit umzugehen, sagte Merkel zwölf Monate nach der Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge. Und ja, auch wir haben uns damals gegen eine proportionale Verteilung der Flüchtlinge gewehrt.

Genau ein Jahr nach ihrem Satz Wir schaffen das vor der Bundespressekonferenz in Berlin am 31. August 2015 erklärte Merkel, sie habe die drei Worte in dem Bewusstsein gesagt, dass Deutschland vor einer großen Aufgabe stehe. Als Kind der deutschen Einheit war mir klar, dass wir wieder viele neue Wege gehen, bürokratische Hindernisse abbauen mussten und Ängste auch.

Fehler der Vergangenheit seien offensichtlich. Wir haben uns des Themas lange nicht angemessen angenommen. Deutschland sei nach der Aufnahme vieler Flüchtlinge aus dem früheren Jugoslawien froh gewesen, dass vorrangig andere Staaten das Thema zu bewältigen hatten. Das kann ich nicht leugnen. Heute müsse man einen längeren Atem haben, um in Europa insgesamt zu einer fairen Lösung zu kommen.

Merkel bemühte sich, den Bürgern Ängste vor den Folgen des aktuellen Flüchtlingszustroms zu nehmen. So sei der Terrorismus nicht erst mit den Flüchtlingen nach Deutschland gekommen. Deren große Mehrheit erhoffe Ruhe und eine neue Chance. Deutschland wird Deutschland bleiben, mit allem, was uns daran lieb und teuer ist, sagte sie.

Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) räumte im ZDF frühere Fehler ein: Wir hätten vielleicht schon in den Jahren 2008 bis 2015 dafür sorgen müssen, dass die europäische Außengrenzsicherung besser vorankommt. Unions-Fraktionschef Volker Kauder sagte der Deutschen Presse-Agentur, durch die Aufnahme von Hunderttausenden von Menschen habe Deutschland ein Beispiel an Mitmenschlichkeit gezeigt. Nun gehe es darum, die Flüchtlinge zu integrieren. Dazu seien die Weichen gestellt. Angela Merkel hat in der Fraktion und in der Partei großen Rückhalt, betonte Kauder. Es gibt eindeutig den breiten Wunsch, dass sie wieder kandidiert.

Die Organisation Pro Asyl macht Merkel dagegen schwere Vorhaltungen. Der Bereitschaft vor einem Jahr, Flüchtlinge zu schützen, sei ein langanhaltender Winter der Restriktionen gefolgt, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte der Deutschen Presse-Agentur: Merkel hat im letzen Jahr die Grenzen geöffnet, aber sie tut nichts dafür, dass die Integration gelingt.

Mit einem Zug aus Österreich eingetroffene Flüchtlinge im September vergangenen Jahres im Hauptbahnhof in München. Foto: Matthias Balk
Mit einem Zug aus Österreich eingetroffene Flüchtlinge im September vergangenen Jahres im Hauptbahnhof in München. Foto: Matthias Balk
dpa
Freiwillige Flüchtlingshelfer sortieren Kleiderspenden. Foto: Maja Hitij/Archiv
Freiwillige Flüchtlingshelfer sortieren Kleiderspenden. Foto: Maja Hitij/Archiv
dpa
Rodin Saouan zeigt das Selfie-Foto mit der Bundeskanzlerin vom 10.09.2015. Foto: Kay Nietfeld
Rodin Saouan zeigt das Selfie-Foto mit der Bundeskanzlerin vom 10.09.2015. Foto: Kay Nietfeld
dpa
Ausbilder Wolfgang Wonneberger von der Jenaer Feinblech GmbH unterhält sich mit dem 19-jährigen Flüchtling Rezwan Waziri aus Afghanistan. Foto: Jens-Ulrich Koch
Ausbilder Wolfgang Wonneberger von der Jenaer Feinblech GmbH unterhält sich mit dem 19-jährigen Flüchtling Rezwan Waziri aus Afghanistan. Foto: Jens-Ulrich Koch
dpa-Zentralbild
Ein Polizeibeamter beobachtet an der A8 von Salzburg nach München Fahrzeuge, die aus Österreich kommen. Deutschland verweigert immer mehr Menschen die Einreise. Foto: Matthias Balk/Archiv
Ein Polizeibeamter beobachtet an der A8 von Salzburg nach München Fahrzeuge, die aus Österreich kommen. Deutschland verweigert immer mehr Menschen die Einreise. Foto: Matthias Balk/Archiv
dpa
Zu früh bedankt? Ein kleiner Junge aus Syrien hält bei seiner Ankunft in Deutschland ein Schild mit der Aufschrift «Thank Germany» in den Händen. Foto: Sebastian Kahnert/Archiv
Zu früh bedankt? Ein kleiner Junge aus Syrien hält bei seiner Ankunft in Deutschland ein Schild mit der Aufschrift «Thank Germany» in den Händen. Foto: Sebastian Kahnert/Archiv
dpa-Zentralbild
Ein 16-Jähriger aus Eritrea in einer Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Foto: Daniel Karmann/Archiv
Ein 16-Jähriger aus Eritrea in einer Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Foto: Daniel Karmann/Archiv
dpa
Abgelehnte Asylbewerber werden zum Flughafen gebracht. Foto: Sebastian Willnow/Archiv
Abgelehnte Asylbewerber werden zum Flughafen gebracht. Foto: Sebastian Willnow/Archiv
dpa-Zentralbild