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Volksverhetzung und Mobbing Neuer Skandal bei Bundeswehr erschüttert die Truppe

Mobbing, Belästigung und Volksverhetzung: Berichte über Missstände bei den Gebirgsjägern in Oberbayern schaden dem Ruf der Bundeswehr. Dabei ist der letzte Skandal der Truppe erst wenige Wochen her. Ein weiterer Einzelfall?

21.03.2017, 15:47

Bad Reichenhall (dpa) - Nach dem Skandal um entwürdigende Rituale in der Elite-Kaserne der Bundeswehr in Pfullendorf beschäftigen weitere Belästigungs- und Mobbingvorwürfe die Truppe.

Die Staatsanwaltschaft Traunstein ermittelt unter anderem wegen sexueller Belästigung und Volksverhetzung gegen mehrere Gebirgsjäger im oberbayerischen Bad Reichenhall.

Die Opposition sieht darin ein "systemisches Problem bei der Bundeswehr" und fordert eine lückenlose Aufklärung. Der Wehrbeauftragte forderte, besonders bei jungen Soldaten in Kampfverbänden künftig genauer hinzusehen.

Ein Obergefreiter soll einem Schreiben des Verteidigungsministeriums zufolge von Kameraden und Vorgesetzten zwischen November 2015 und September 2016 sexuell belästigt und genötigt worden sein. Die Bundeswehr ermittelt in dem Fall gegen 14 Soldaten. Das Ministerium bezeichnet die Vorfälle in dem Schreiben als "äußerst bedauerlich und vollkommen inakzeptabel", sie würden aber im Gegensatz zu Pfullendorf nur eine Teileinheit betreffen, die verantwortlichen Kommandeure hätten umsichtig und konsequent reagiert. Der direkte militärische Vorgesetzte des betroffenen Soldaten sei aus seiner Funktion herausgelöst worden, der Betroffene selbst sei versetzt worden.

Die Staatsanwaltschaft Traunstein ermittelt seit Februar in dem Fall, teilte ein Sprecher der am Dienstag mit. Gegen einen Soldaten richteten sich Vorwürfe wegen Mobbings und "sexualbezogener Verfehlungen". Gegen drei weitere Soldaten werde in zwei weiteren Fällen wegen Volksverhetzung und wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz ermittelt. Nähere Angaben machte der Sprecher nicht.

Ende Januar war das Ausbildungszentrum im baden-württembergischen Pfullendorf wegen demütigender Aufnahmerituale und entwürdigender Behandlungen in die Kritik geraten.

Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), machte sich Anfang März in Bad Reichenhall ein Bild von der Lage. Er sagte, die Vorgesetzten seien verantwortlich mit den Vorfällen umgegangen. Es sei nichts vertuscht worden.

Die Übergriffe offenbarten "ein systemisches Problem bei der Bundeswehr", erklärte hingegen die verteidigungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Christine Buchholz. Zwischen 2015 und 2016 sei die Zahl der beim Wehrbeauftragten gemeldeten sexuellen Belästigungen um 50 Prozent gestiegen. "Die Gebirgsjäger in Bad Reichenhall machen nicht zum ersten Mal Negativschlagzeilen. Das wirft die Frage nach einem Eigenleben in diesem Teil der Truppe auf. Die Bundesregierung muss die Zustände gründlich untersuchen."

"Die Ministerin muss jetzt über alle Vorfälle, die in der Bundeswehr darüber hinaus bekannt sind, transparent und lückenlos berichten und den Anschein der Heimlichtuerei ausräumen", forderte die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen, Agnieszka Brugger. Von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gab es zunächst keine Stellungnahme.

Offener Brief von von der Leyen