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Beruf Babyjahr zum Jobwechsel nutzen

Die Elternzeit bietet die Gelegenheit, sich beruflich neu zu orientieren.

Von Tobias Schormann 31.08.2015, 23:01

Berlin (dpa) l Nach der Elternzeit geht es zurück in den alten Job. Oder? Warum eigentlich nicht gleich etwas Neues suchen? Schließlich ist so eine Auszeit die ideale Gelegenheit, um sich umzuschauen und neu zu orientieren. Das gilt zum einen für Mütter und Väter, die schon vor der Babypause unzufrieden mit ihrer alten Stelle waren. Aber auch für jene, die nach der Geburt merken, dass ihnen plötzlich andere Dinge wichtig sind als vorher – und nun beruflich am liebsten etwas ganz anderes machen möchten.

„Das ist eine Wahnsinns-Chance, etwas auszuprobieren und sich noch einmal neu zu sortieren“, sagt Alexa Ahmad von der pme Familienservice Gruppe. Diese ist als Servicestelle für das vom Bundesfamilienministerium initiierte Aktionsprogramm „Perspektive Wiedereinstieg“ tätig. Der Wunsch nach Veränderung sei dabei nicht ungewöhnlich. Denn die Geburt eines Kindes verändere vieles – auch die beruflichen Wünsche.

„Das ist ja so eine Umbruchphase“, findet auch Maja Skubella, die als Coach in Hamburg arbeitet und drei Kinder hat. Sie kennt das selbst: Nach der Geburt des ersten Kindes wollte die studierte Kommunikationswirtin lieber mit Kindern arbeiten – und machte eine Ausbildung zur Tagesmutter. Als das dritte Kind da war, wollte sie wieder mehr mit Erwachsenen zu tun haben und absolvierte ein Fernstudium als psychologische Beraterin. Heute berät sie unter anderem Mütter und Väter beim Wiedereinstieg in den Job.

Wir geben Ihnen sieben Tipps auf den Weg zum neuen Job:

1. Ziele abstecken

Als Erstes müssen Mütter und Väter in sich gehen und klären, wo es hingehen soll, erklärt Ahmad. Ist das Ziel ein neuer Job in der alten Branche – oder ein Berufswechsel? Dabei hilft, zu klären, was am alten Job genervt hat, ergänzt Skubella. War es die Arbeit an sich – oder vielleicht nur der Chef oder die Kollegen? Dann reicht es eventuell schon, beim alten Arbeitgeber in eine neue Abteilung zu wechseln.

Ansonsten steht vor der Suche nach einer neuen Arbeit ein Profilcheck an: Was bringe ich schon mit, und was fehlt mir für den Wunschjob? Und wie kann ich mir das aneignen?

2. Weiterbilden

Das lohnt sich gleich doppelt, wenn jemand eine längere Elternzeit macht oder der Partner einem den Rücken freihält. Erstens macht es sich gut auf dem Lebenslauf beim Bewerben. Denn eine Weiterbildung ist für Personaler das Signal: Da bleibt einer am Ball. Und es erleichtert den Wiedereinstieg in den Beruf, wenn Eltern ihr Wissen auffrischen, erläutert Skubella.

„Viele Frauen sind unsicher, wenn sie länger raus aus dem Job waren. Dann ist auf einmal alles neu.“ Praktisch ist ein Fernkurs, den Eltern von zu Hause aus machen können. Er lässt sich besser mit der Kinderbetreuung vereinbaren.

3. Bewerben

Ein, zwei oder sogar drei Jahre Elternzeit? Das klingt nach viel Zeit zum Bewerben. Die Zeit geht aber schneller vorbei, als man denkt. Mütter und Väter müssen daher rechtzeitig anfangen und genug Zeit einkalkulieren. „So eine Jobsuche kann schon ein Jahr dauern“, gibt Skubella zu bedenken. Und wie bewirbt man sich mit Kleinkind? Frischgebackene Mutter in Elternzeit sucht Teilzeitjob im Home-Office? Das kommt bei manchen Personalern nicht so gut an.

Hier gibt es zwei Strategien:

Skubella rät, eine laufende Elternzeit im Lebenslauf gar nicht groß zu erwähnen, sondern einfach den alten Arbeitgeber zu nennen. Dann kommt im Vorstellungsgespräch zwar die Frage auf, warum man nichts davon geschrieben hat. Darauf müsse man dann eben offensiv reagieren, rät Skubella. „Man kann zum Beispiel sagen: „Der Job hat ja nichts mit meinem Kind zu tun."

Ahmad empfiehlt dagegen, gleich mit offenen Karten zu spielen. „Verheimlichen lässt sich das sowieso nicht.“ Wichtig sei, dass Mütter und Väter ein gutes Konzept vorlegen, wie sie Arbeit und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen wollen. „Man muss dem Arbeitgeber vermitteln, dass man die Doppelaufgabe gut im Griff hat.“

4. Kündigungsfristen beachten

Damit ein Jobwechsel in der Elternzeit klappt, müssen Berufstätige sich rechtzeitig von ihrem alten Arbeitgeber lossagen. Bei einer Kündigung zum Ende der Elternzeit ist eine Frist von drei Monaten vorgeschrieben, erläutert Marta Böning, Arbeitsrechtsexpertin beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Innerhalb der Elternzeit gelten entweder die gesetzlichen Fristen oder das, was im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt ist.

5. Längere Bewerbungsphase mit Teilzeit überbrücken

Das Elterngeld geht zur Neige, und noch ist keine neue Stelle in Sicht. Was jetzt? Eine Option: Zunächst doch zurück zum alten Arbeitgeber, aber nur in Teilzeit. So lässt sich eine Bewerbungsphase finanziell überbrücken, und Eltern haben neben der Arbeit noch ein wenig Freiraum. Noch besser ist es, wenn sie ganz oder teilweise im Home-office arbeiten dürfen. So ein Rückschritt kann zwar unangenehm sein, wenn Eltern innerlich schon gekündigt haben. Ein Vorteil davon ist aber: Aus einem festen Job heraus haben sie eine bessere Bewerbungsposition, erklärt Skubella.

Rechtlich haben Eltern dabei gute Karten. Der Arbeitgeber kann das Teilzeitgesuch in der Elternzeit nur aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen, erklärt Böning.

Die Frist für den Antrag beträgt in den ersten drei Lebensjahren des Kindes sieben Wochen vor Wunschbeginn. Hat der Arbeitgeber allerdings bereits eine Vertretung für die betreffende Zeit eingestellt, kann dies einen Ablehnungsgrund darstellen. Wer sich diese Teilzeit-Option auf jeden Fall offenhalten will, sollte sie daher bereits vor Beginn der Elternzeit absprechen.

6. Teilzeit bei anderem Arbeitgeber

Es klingt wie ein Freifahrtschein zum Wegbewerben: Mütter und Väter dürfen in der Elternzeit auch in Teilzeit bei einem anderen Arbeitgeber arbeiten. Die Sache hat aber einen Haken: Das geht nur mit Zustimmung des Arbeitgebers, erklärt Böning. Er darf ablehnen, wenn er den Arbeitnehmer selbst beschäftigen möchte. Denn gedacht ist der Paragraf für Fälle, in denen der alte Arbeitgeber keine Teilzeitstelle anbieten kann.

Eltern müssen diesen Wunsch daher dem Chef gut verkaufen: Gibt es etwa im Kindergarten eine Stelle, ist die Nähe zum Kind natürlich ein Argument, erklärt Ahmad. Ein weiteres ist es, anderswo neue Kompetenzen zu erwerben – und diese später im alten Job einzubringen, wenn das Intermezzo vorbei ist. Das wäre auch für den Chef ein Mehrwert.

In so einem Fall hätten Eltern bei der Jobsuche einen doppelten Boden. Sie können in der Elternzeit in einen anderen Betrieb hineinschnuppern – und haben zur Not immer noch ihren alten Job. Auf den entsprechenden Antrag muss der alte Arbeitgeber innerhalb von vier Wochen reagieren, sonst gilt die Erlaubnis als erteilt.

7. Sich selbstständig machen

Mit Zustimmung des Arbeitgebers dürfen Angestellte in der Elternzeit auch selbstständig arbeiten. Das kann ein Einstieg beim Aufbau der eigenen Firma sein. Ahmad sieht das aber kritisch. Es sei eine Sache, zum Beispiel Hundehalsbänder zu Hause zu basteln und als kleines Zubrot zu verkaufen. Ansonsten sei Kind und Selbstständigkeit aber eher „eine Kamikaze-Mischung“.

Kunden recherchieren, Marktanalyse, Businessplan erstellen – „das ist richtig harte Arbeit und sollte gut durchdacht sein“, rät Ahmad. Eine Notlösung beim Wegbewerben darf dieses Modell daher nicht sein.