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Genusstipp Jetzt wird’s wild

In der kalten Jahreszeit hat es Hochkonjunktur: Wild. Alexander Mahn von Mahns Chateau in Halle bringt Reh und Frischling auf den Teller.

08.12.2016, 23:01

Halle l „Alles kann – nichts muss.“ So lautet die Devise, wenn Mahns Chateau in Halle sonntagabends die Türen für die „Mahnufaktur“ öffnet. Dann wird das Team um Gastronom Alexander Mahn zum Dirigenten und Ratgeber für Schnitttechniken und die Verarbeitung der Lebensmittel. Gemüse schnibbeln, Fleisch parieren, Saucen ziehen und Desserts zaubern dann begeisterte Hobbyköche.

So ist es auch beim Wildkochabend, bei dem das abendliche Drei-Gänge-Menü durch winterliche Aromen geprägt ist: Mandarinen und Cranberries, Vanille, dunkle Schokolade, Cointreau. Und natürlich: Wild. Am Ende wird es als Vorspeise einen Frischlingsrücken mit Walnussöl-Mayonnaise, Cranberries und Selleriesalat geben, gefolgt von einem Rehrücken mit Vanille-Steckrüben und Kartoffelplätzchen. Gekrönt von einem Mandarinenparfait in der Mandarine, mit Mandarinenkompott, Cointreau und Schokoladenganache.

Doch erst die Arbeit, dann der Genuss: Der Rehrücken muss vom Knochen gelöst, beide Fleischsorten pariert – also die Silberhaut abgeschnitten – werden. Dass der Abend ganz im Zeichen des Wildes steht, ist kein Zufall: Die Lust auf Wildfleisch ist in Deutschland ungebrochen. Besonders in der kalten Jahreszeit. Auch wenn Alexander Mahn Wildgerichte – „nicht nur wegen der Schonzeit ab Januar, sondern auch aufgrund der Qualität des jungen Fleisches“ – gerne im Sommer in leichten Varianten auf den Tisch bringen würde. Kunden davon zu überzeugen sei aber nicht ganz leicht: „Wild im Winter ist als Essgewohnheit einfach antrainiert, weil es meist mit schweren Beilagen serviert wird.“

Nicht schwer, dafür kräftig im Geschmack ist der Rücken des Frischlings. „Das Fleisch ist kräftiger als Schweinefleisch und trockener, weil sich Wildschweine viel bewegen“, erklärt der Gastronom. Früher sei das Fleisch deshalb gespickt worden. „Heute wird das nicht mehr gemacht, weil es den Wildgeschmack überdeckt.“ Doch der soll im Vordergrund stehen. Sonst würde sich der Kauf des teureren Wildfleisches kaum lohnen.

Am günstigsten sei Wildschwein im Ganzen: „Etwa zehn Euro kostet dann das Kilo“, sagt Alexander Mahn. Reh ist deutlich teurer. Rund 30 Euro pro Kilo sind zu kalkulieren. Neben dem Geschmack macht also auch der Preis Wild zu etwas Besonderem.

Damit es für Hobbyköche nicht zu teuer wird, sollte die nötige Fleischmenge vorher geplant werden: „Für eine Vorspeise genügen 70 Gramm pro Person, wenn es gegart sehr dünn aufgeschnitten wird“, sagt Alexander Mahn. Für einen Hauptgang genügen 160 bis 180 Gramm.

Gutes Fleisch, empfiehlt Alexander Mahn, kauft der Kunde am besten regional. Wildschwein sollte mindestens eine Woche abgehangen sein, beim Reh sind längere Zeiten möglich. Wichtig ist, dass das Fleisch nicht zerschossen wurde, sonst liegt nachher Blei auf dem Teller. Und es könnten Einblutungen vorhanden sein, die das Fleisch nicht verwendbar machen.

Händler allerdings sind selten, sodass mancher Hobbykoch zur Tiefkühlware greift. „Tiefgekühltes Reh- und Hirschfleisch kommt oft aus Neuseeland. Dort werden die Tiere im Gatter gezüchtet, haben weniger Bewegung.“ Das verändert – auch abhängig von der Fütterung – Geschmack und Konsistenz des Fleisches. Wer auf heimische Herkunft achtet, sollte sich nicht von deutschsprachigen Etiketten täuschen lassen, sondern den Herkunftshinweis lesen.

Die Zubereitung des Rehrückens ist einfach. Weil das Fleisch zart ist, muss es nur kurz angebraten und anschließend bei 80 Grad im Backofen etwa 20 Minuten garen. Dann hat das Fleisch eine Kerntemperatur von etwa 56 Grad und ist rosa. Bei Wildschwein sollte eine Kerntemperatur von 55 bis 60 Grad erreicht werden. Mit einem Fleischthermometer lässt sich der Gargrad am besten prüfen.

Vorher geht es um Küchen-Philosophie: die Frage des Salzens. Alexander Mahn salzt vor dem Garen rundherum: „Im Ergebnis schmeckt es kräftiger. Beim nachträglichen Salzen ist das Salz oft nur an wenigen Stellen, und nach zweimal Kauen schmeckt man nichts mehr.“ Doch nicht nur das Salzen ist eine Philosophie. „Bislang wird Fleisch zwei bis drei Minuten von jeder Seite angebraten. Inzwischen wird alle 20 Sekunden gewendet, damit die Feuchtigkeit im Fleisch gleichmäßig verteilt bleibt“, sagt der Koch.

Kombiniert wird Wild am besten mit etwas Fruchtigem wie Cranberries oder Johannisbeeren. Süß-saure, leicht herbe Geschmacksnoten passen zu Reh wie zu Wildschwein. Klassisch ist auch Wurzelgemüse.

Hier lesen Sie die Rezepte zum Nachkochen (Zutaten jeweils für 4 Personen):

Zutaten: 400 g Wildschweinrücken, Salz & Wildgewürz, 0,5 Tl mittelscharfer Senf, 1 Tl Zitronensaft, 1 Ei,
180 ml Walnussöl, 2 Eigelb, 2 Sardellenfilets, Salz, Pfeffer, Chilipulver, 8 Kirschtomaten, Petersilie, Estragon, Schnittlauch

Zubereitung: Wildschweinrücken parieren, mit Salz und Wildgewürz würzen, in einer Pfanne kurz von beiden Seiten anbraten und bei 120 °C im Backofen ca. 8 Minuten medium schmoren.

Petersilien- und Estragonblätter zupfen, hacken. Schnittlauch fein schneiden. Kräuter in einer Schüssel mit Walnussöl verrühren. Ausgekühltes Wildfleisch in das Kräuteröl legen, mehrmals darin wenden. Abgedeckt 30 Minuten in den Kühlschrank stellen.

Senf, Zitronensaft, Ei und Walnussöl in hohem, schmalem Gefäß mit einem Pürierstab langsam von unten nach oben ziehen, bis eine cremig-dickliche Mayonnaise entsteht. Eigelb und Sardellen zugeben, mixen. 4 bis 6 El Gemüsebrühe (sollte Zimmertemperatur haben) zugeben, bis eine glatte Sauce entsteht. Mit Salz, Pfeffer und Chili abschmecken.

Rosmarin, Salbei, Petersilie und Thymian. Das Wildfleischfleisch in 1 bis 2 Millimeter dünne Scheiben schneiden, auf einer Platte anrichten. Dazu passen karamellisierte Cranberries und Selleriesalat.

Karamellisierte Cranberries

Zutaten: 50 g frische Cranberries, 50 ml Rotwein, Zucker, 5 El Orangensaft

Zubereitung: Cranberries abwaschen, anschließend mit Rotwein, Zucker und Orangensaft in eine kleine Pfanne geben und einreduzieren lassen bis die Flüssigkeit leicht zäh wird und glänzt.

Selleriesalat

Zutaten: 300 g Stauensellerie, 4 EL saure Sahne, 0,5 EL Zitronensaft, Salz, Pfeffer, Zucker

Zubereitung: Den Sellerie putzen, dünne Streifen vom schmalen Ende des Selleries hobeln. Saure Sahne und Zitronensaft verrühren, mit Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker abschmecken und mit dem Sellerie vermengen.

Zutaten: 300 g Rehrücken & 100 g Rehfleisch ohne Sehnen, 10 ml Brandy, 150 g Herbsttrompetenpilze, 50 ml leicht geschlagene Sahne, 2 EL Butter, 10 g Zwiebel, fein geschnitten und gedünstet, Rosmarin, Salbei, Petersilie und Thymian

Zubereitung: Das Rehfleisch in Streifen schneiden und mit den gedünsteten Zwiebeln, dem Brandy und den Kräutern (Rosmarin, Salbei, Petersilie und Thymian) etwa 1/2 Stunde bei 0 Grad marinieren.

Das Fleisch salzen und im Kutter/Multizerkleinerer fein zerhacken, die Sahne nach und nach in die Kräuterfarce (zerhacktes Fleisch und Kräuter) einrühren bis sie einene seidigen Glanz hat.

Den Rehrücken parieren, das Fleisch mit Salz und Pfeffer würzen und anbraten. Mit der Kräuterfarce auf allen Seite bestreichen, mit den Herbsttrompeten belegen und mit dem Schweinenetz einhüllen. Im Backofen bei 180°C ca. 6-12 min medium garen. 10 Minuten ruhen lassen und in einer Pfanne kurz braten.

Das Crepinett in schräge Scheiben schneiden und anrichten. Dazu passen Vanillesteckrüben und Macaire-Kartoffeln.

Macaire-Kartoffeln

Zutaten: 800 g Kartoffeln, Salz, 2 Eigelb, 20 g Butter, Muskat, 80 g Bacon, 1 Schalotte, Petersilie, 1 Tl Butter, Salz, Pfeffer, Öl

Zubereitung: Kartoffeln schälen und grob in Stücke schneiden. In kochendem Salzwasser garen. Abgießen, auf einem Backblech verteilen und im vorgeheizten Backofen bei 120 Grad 10 Minuten ausdämpfen lassen.

Kartoffeln noch heiß durch die Kartoffelpresse in eine Schüssel drücken und die Eigelbe zügig unterrühren. Butter, 1 Prise Salz und Muskat zugeben und gut verrühren.

Bacon und Schalotte in feine Würfel schneiden. Von der Petersilie die Blätter abzupfen und fein hacken.
Bacon in einer Pfanne bei mittlerer Hitze knusprig ausbraten. Butter und Schalotten dazugeben, Schalotten unter Rühren weich garen. Petersilie in die Pfanne geben und mit Salz und Pfeffer würzen. Speckmischung zur Kartoffelmasse geben und sorgfältig verrühren.

Kartoffelmasse auf der leicht bemehlten Arbeitsfläche zu einer 24 bis 25 cm langen Rolle formen. Rolle in 12 Scheiben schneiden, Scheiben mit den Händen zu gleichmäßigen Talern formen.

Öl in einer großen Pfanne erhitzen, Kartoffeltaler portionsweise darin golbraun braten.

Vanillesteckrüben

Zutaten: 400 g Steckrübe, Mark einer Vanilleschote

Zubereitung: Die Steckrüben schälen und in Rauten schneiden. In einem Topf mit Butter, Tymian, Vanillemark und etwas Wasser ca. 10 bis 12 Minuten weich kochen.

Weitere Genusstipps aus Sachsen-Anhalt finden Sie in der Volksstimme-Serie "Einfach köstlich".