1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Gesundheit
  6. >
  7. Blutgerinnsel im Gehirn

Schlaganfall Blutgerinnsel im Gehirn

Jedes Jahr erleiden in Deutschland 250 000 Menschen einen Schlaganfall. Etwa 80 Prozent werden durch ein Blutgerinnsel hervorgerufen.

Von Uwe Seidenfaden 14.05.2016, 01:01

Magdeburg l Wie ein Blitz aus heiterem Himmel: So scheint viele Patienten ein Schlaganfall zu treffen. Fragt der Arzt jedoch gezielt nach möglichen Frühwarnzeichen, treten diese bei etwa jedem dritten Patienten bereits im Vorfeld eines lebensbedrohlichen Schlaganfalls auf. Oftmals fühlt sich eine Körperhälfte, zum Beispiel ein Arm oder eine Hand, plötzlich taub und kraftlos an. Ebenso können im Gesicht einseitige Lähmungen auftreten, oder das Sprechen fällt unerwartet schwer und Sehstörungen, Schwindel und Übelkeit treten ein.

„Wenn diese Symptome - einzeln oder mehrere zusammen - plötzlich auftreten, sollten Anwesende den Notarzt rufen“, rät Professor Michael Görtler, leitender Oberarzt der Neurologischen Universitätsklinik Magdeburg. Auslöser der Beschwerden kann eine Durchblutungsstörung des Gehirns sein, die unbehandelt zum unwiderruflichen Absterben von Nervenzellen und dem Verlust erlernter Fähigkeiten binnen weniger Stunden führt. Auslöser kann ein Gerinnsel (Thrombus) sein, das z.B. die Halsschlagader verstopft, oder auch ein geplatztes Gefäß, das zu einer Blutung in das empfindliche Nervengewebe führt.

Wenn möglich, versuchen die Ärzte die normale Blutversorgung des Gehirns binnen viereinhalb Stunden nach dem Schlaganfall mit Medikamenten, d.h. einer intravenösen Thrombolyse, wieder herzustellen. Leider ist das nicht immer möglich, selbst wenn die Patienten schnell in die Klinik kommen. In jüngster Zeit konnten mehrere klinische Studien nun belegen, dass Verfahren der Neuroradiologie bei Verschlüssen der großen Hirngefäße einige Vorteile haben. So können Neuroradiologen mit einem Katheter inzwischen auch bis in die Hirngefäße vordringen und das Gerinnsel mittels sog. Stent-Retriever oder mittels Ansaugen mechanisch zu entfernen. Alternativ ist es möglich, ein Medikament zur Auflösung des Blutgerinnsels direkt vor Ort einzubringen.

Der große Vorteil dieser sogenannten Thrombektomie ist, dass das Zeitfenster für die Behandlung der Patienten gegenüber der bisherigen medikamentösen Therapie erweitert werden kann. Die Therapie kann, abhängig von individuellen Faktoren, noch sechs Stunden oder länger nach Auftreten der Schlaganfallsymptome durchgeführt werden. „Die katheterbasierten Verfahren haben sich in den letzten Jahren zu einem sehr effektiven Instrument entwickelt, mit dem verstopfte Hirngefäße wiedereröffnet werden können.

Oft gelingt dies sogar innerhalb weniger Minuten“, so Professor Martin Skalej, Direktor des Institutes für Neuroradiologie der Uni Magdeburg.

Ein weiterer Vorteil der neuroradiologischen Verfahren ist, dass sie auch bei Vorbehandlung mit Medikamenten, die die Blutgerinnung hemmen, angewendet werden können. Das durch den Schlaganfall bereits geschädigte Hirnareal darf aber nicht zu groß sein und das Blutgerinnsel in den Hirnarterien muss mittels CT-Angiographie sicher zu orten sein.

Da eine Katheterbehandlung derzeit nur an bestimmten Kliniken möglich ist, wird der akute Schlaganfallpatient zuerst häufig in die nächste Schlaganfall-Akutstation (Stroke Unit) gebracht, um ohne Zeitverzug mit der intravenösen Thrombolyse zu beginnen. Dort nehmen die Ärzte dann umgehend Kontakt mit einem Schlaganfallzentrum auf, in dem eine Katheterbehandlung möglich ist.

In Sachsen-Anhalt sind dazu viele Kliniken telemedizinisch mit der Stroke Unit des Universitätsklinikums Magdeburg verbunden, sodass diese Entscheidung bereits in Kenntnis aller Untersuchungsergebnisse von den Ärzten des Universitätsklinikums getroffen werden kann. Der Patient wird dann mit dem Rettungswagen umgehend in das Schlaganfallzentrum zur Katheterbehandlung transportiert.

Wichtig ist nach wie vor, dass Patienten und deren Angehörige bei den ersten Warnzeichen eines Schlaganfalls den Notarzt rufen, sagen die Magdeburger Ärzte. Zwar verschwinden in manchen Fällen die Symptome nach kurzer Zeit von ganz allein. Ein Grund zur Entwarnung ist das aber nicht. Der Betroffene muss nämlich damit rechnen, in absehbarer Zeit einen weiteren Schlaganfall mit schwereren Folgen zu erleiden. Deshalb ist eine gründliche Diagnostik nach dem Auftreten aller Schlaganfallsymptome wichtig.

Insbesondere sollten die Halsschlagader und die Herzfunktion kontrolliert werden. Das geschieht u.a. mit Ultraschalluntersuchungen (Doppler- und Duplexsonographie).

Wenn bei der Diagnostik riskante Veränderungen an den Halsschlagadern oder den Herzklappen erkannt werden, muss individuell abgewogen werden, ob eine Operation oder eine Behandlung mit gerinnungshemmenden Medikamenten das Schlaganfallrisiko verringern kann.

Die Patienten selbst können durch Verzicht auf das Rauchen, eine Optimierung des Blutdrucks und der Blutfette durch eine gesündere Ernährung sowie mit Bewegung ihr Schlaganfallrisiko senken.