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Darmgesundheit Ein Reizdarm ist keine Einbildung

Die Experten der Magdeburger Uniklinik informierten beim Telefonforum unter anderem über chronische Blähungen und Verstopfungsprobleme.

Von Uwe Seidenfaden 14.12.2016, 00:01

Magdeburg l Darmbeschwerden gehören zu den häufigsten Krankheiten, mit denen sich Menschen lange quälen ohne einen Arzt aufzusuchen. In vielen Fällen helfen bei Blähungen und Verstopfungen schon Hausmittel. Doch bei ernsthaften Beschwerden kann nur ein Experte weiter helfen. Beim Telefonforum der Volksstimme antworteten Prof. Dr. Peter Malfertheiner und Dr. Alexander Link.

Obwohl ich normal esse, habe ich oftmals sehr harten Stuhlgang. Früchtewürfel helfen leider nicht immer. Was kann ich noch tun?

Zunächst sollten mögliche organische Ursachen abgeklärt werden. Bei gelegentlicher Verstopfung können Abführmittel helfen, die eine starke Eindickung des Darminhalts verhindern und dafür sorgen, dass der Suhl geschmeidig bleibt. Zur Vorbeugung von Verstopfungen ist eine ausgewogene Ernährung mit Ballaststoffen und ausreichend Flüssigkeit (circa zwei Liter verdünnte Fruchtsäfte oder Früchtetees täglich) zu empfehlen. Ballaststoffe enthalten beispielsweise Vollkornbrot, Gemüse und Hülsenfrüchte. Unterstützend wirken auch Quellstoffe mit Weizenkleie und Leinsamen sowie wasserbindende Substanzen aus der Apotheke. Durch sie wird der Darm zu seiner natürlichen Eigenbewegung angeregt und der Speisebrei weitergeschoben.

Wie lange sollte man bei schweren Stuhlgang warten, bis ein Abführmittel geben werden kann?

Die Stuhlgewohnheiten der Menschen sind sehr verschieden. Dreimal die Woche Stuhlgang ist genauso normal wie zweimal am Tag. Von Verstopfung ist erst dann die Rede, wenn der Stuhlgang nur noch ein- bis zweimal pro Woche möglich ist und zudem noch Beschwerden verursacht. Eine chronische Verstopfung liegt vor, wenn diese Situation länger als drei Monate besteht. Bei langanhaltenden Beschwerden sollte eine ärztliche Abklärung möglicher Ursachen erfolgen.

Bei mir wurde vor zwei Jahren der Dickdarm operativ verkürzt. Seither habe ich oftmals Verstopfungen. Welche Abführmittel kann ich unbedenklich über einen längeren Zeitraum nehmen?

Sie sollten es mit Lactulose aus der Apotheke probieren. Dazu sollten Sie auch ausreichend trinken, um Blähungen zu vermeiden. Wenn die Wirkung von Lactulose nicht ausreicht, dann können sie es auch mit Mobikol versuchen. Bei Bedarf kann man rezeptfreie Abführmittel aus der Apotheke auch dauerhaft einnehmen.

Bei welchen Verstopfungsproblemen sollte man unbedingt den Hausarzt informieren?

Den Arzt informieren sollte man in jedem Fall, wenn sich die Stuhlgewohnheiten plötzlich ändern, oder wenn Verstopfung und Durchfall einander abwechseln, oder der Bauch hart und schmerzhaft ist sowie wenn starke krampfartige Schmerzen (Koliken) oder Erbrechen auftreten.

Ich war schon mehrmals wegen unerklärlicher Blähungsschmerzen und häufiger Verstopfung beim Hausarzt und bei Internisten. Eine Ursache konnte nicht gefunden werden. Was kann ich tun? Ich bilde mir die Schmerzen doch nicht ein.

Wenn bekannte organischen Krankheiten als Ursache Ihrer Probleme ausgeschlossen werden, spricht man oftmals von einem Reizdarm. Dabei handelt es sich um funktionelle Darmstörungen und nicht um eine eingebildete Erkrankung. Die Behandlung erfolgt symptomorientiert. Sie sollten auch beobachten, unter welchen Umständen die Beschwerden auftreten. Für Patienten mit einem Reizdarm muss eine individuelle Strategie gegen die Beschwerden gefunden werden. Prinzipiell kann man auch beim Reizmagen oder Reizdarm mit speziellen Medikamenten die Magensekretion und Darmmotorik beeinflussen.

Bei mir wurde eine Laktoseintoleranz festgestellt? Worauf sollte ich bei der Ernährung achten?

Sie sollten auf eine laktosearme Nahrung achten (keine Milch, kein Käse). Gegen Joghurt ist nichts einzuwenden, weil darin Bakterien enthalten sind, die bereits den Michzucker abbauen.

Etwa eine Woche nach einer Antibiotika-Therapie bekam ich Stuhlblutungen, die trotz Behandlung noch immer anhalten. Was kann ich noch tun?

Antibiotika können zu Veränderungen der Darmflora und Schädigungen der Darmwand führen. In besonders schweren Fällen langanhaltender blutiger Durchfälle können an der Klinik neuerdings sogenannte Stuhltransplantationen durchgeführt werden. Dabei wird eine kleine Stuhlmenge eines gesunden Menschen in den Darm vom Patienten übertragen. In klinischen Studien konnten gute Ergebnisse erzielt werden.

Bei einer Computertomografie wurden sogenannte Divertikel im Darm festgestellt. Kann das eine Erklärung für die Blähungen sein, unter denen ich oftmals leide?

Nein. Darmdivertikel sind kleine Ausstülpungen im Darm, die in der Regel harmlos sind und nicht behandelt werden müssen. Eine Ausnahme besteht, wenn die Divertikel sich entzünden und heftige Unterbauchschmerzen auslösen. Entzündete Divertikel werden in der Regel medikamentös therapiert. Eine chirurgische Entfernung ist nur in Ausnahmefällen, z. B. bei Darmwanddurchbrüchen (Perorationen), notwendig.

Mein Mann leidet seit Jahren unter einer Parkinson-Erkrankung. In jüngster Zeit hat er oftmals einen sehr harten Stuhlgang. Sein Arzt meinte, es kann von den Medikamenten kommen. Weglassen darf er sie aber nicht. Was kann mein Mann tun?

Es stimmt, dass häufig zur Behandlung der Parkinson-Erkrankung eingesetzte Medikamente, sogenannte dopaminerge Substanzen, die Darmfunktion beeinflussen. Die Folge können Verstopfungen sein. Ihr Mann sollte zusätzlich zu dem Parkinson-Medikamenten auch Abführmittel nehmen und mit seinem Arzt darüber sprechen.

Ich hatte zu wenig Eisen im Blut und bekomme dagegen Tabletten. Seither habe ich harten Stuhlgang. Bei einer Magenspiegelung hat man ein Magengeschwür festgestellt. Ein Test auf das Magenbakterium Helicobacter pylori war positiv. Kann der Magenkeim die Ursache für den Eisenmangel sein?

Der Helicobacter pylori kann Magengeschwüre und Blutungen auslösen, durch die der Körper Eisen verliert. Bei einem positiven H.-pylori-Nachweis sollte eine 14-tägige medikamentöse Therapie erfolgen, die der Arzt verordnet.

Stimmt es eigentlich, dass sich der Körper allmählich vergiftet, wenn man sich nicht gelegentlich entschlacken kann? In welchen Abständen sollten man Entschlackungskuren durchführen?

Wissenschaftlich gibt es keinen Hinweis darauf, dass ein nicht täglicher Stuhlgang zu einer Selbstvergiftung führt. Sogenannte Entschlackungskuren ohne medizinische Begründung sind Unsinn.

Ich leide unter Schluckbeschwerden und einen Brennen im Hals. Untersuchungen legen einen Zusammenhang mit meiner langjährigen Diabetes-Erkrankung nahe. Was kann ich gegen das Brennen tun?

Bei Diabetikern sind Nervenleitstörungen häufig, wordurch der Mageninhalt nicht richtig weitergeleitet wird. Das ist medikamentörs behandelbar. Sie können sich von Ihrem Hausarzt zu einem Magen-Darm-Facharzt überweisen lassen. Unerklärliche Schluckbeschwerden sollten Sie internistisch abgeklären lassen.