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Ernährung Uralte Küchentechnik liegt im Trend

Frisches Gemüse, ein bisschen Salz, bei Bedarf etwas Wasser oder Essig - dann heißt es nur noch abwarten. So funktioniert Fermentieren.

10.10.2016, 23:01

Berlin (dpa) l Möhren, Kohl oder Fenchel: Feste Gemüsesorten eignen sich zum Fermentieren. Die Methode, mit der Lebensmittel haltbar gemacht werden, ist recht einfach und hat eine lange Tradition. Schon unsere Großmütter wussten, wie es geht, und dass so zubereitete Speisen sehr gesund sind. „Fermentierte Lebensmittel lassen sich einfach verdauen und sind super für die Darmflora und das Immunsystem“, sagt Christoph Hauser, Küchenchef und Inhaber des Restaurants „Herz & Niere“ in Berlin. Sie enthalten Vitamine, Nährstoffe und nützliche, also probiotische, Bakterien.

Was beim Fermentieren passiert: „Fermentieren ist ein natürlich auftretender Gärungsprozess mithilfe von ‚freundlichen‘ Milchsäurebakterien“, erklärt Kochbuch-Autorin Charlotte Pike aus Südengland. Die Zutaten müssen frisch und einwandfrei sein.

Sind diese erst einmal zusammengepackt, lässt man das Ganze einfach geschehen, sagt Pike. Hauser fermentiert zum Beispiel Spitzkohl aus dem eigenen Restaurantgarten. Dazu schneidet er das Gemüse in grobe Stücke und legt diese samt Strunk und etwas Salz in ein geschlossenes Glas oder eine Vakuumtüte.

Vier Wochen bleibt der eingelegte Kohl luftdicht verschlossen. In dieser Zeit wird die Struktur des Gemüses durch die Milchsäurebakterien im positiven Sinne zerstört. Der eigene Saft tritt aus und vermengt sich mit dem Salz. „In der so entstandenen Salzlake müssen die Gemüsestücke vollständig bedeckt liegen“, erklärt Hauser.

Denn erst das sauerstofffreie Milieu ermöglicht die Gärung. So können Stärke und Zucker von den Milchsäurebakterien in Milchsäure umgewandelt werden. Liegt ein Gemüsestück aber frei, entstehen schädliche Fäulnisbakterien oder Schimmel. Sollte dies passieren, muss das ganze Fermentiergut weggeworfen und von neuem begonnen werden. „Wenn sauber und keimfrei gearbeitet wird, sollte Fermentieren immer funktionieren“, weiß Sternekoch Daniel Achilles vom Berliner Restaurant „Reinstoff“.

Mit dieser Küchentechnik kann man viele Lebensmittel haltbar machen. Klassisch sind sämtliche Kohlsorten, Karotten, Rüben, Rettich, Rote Bete oder Wurzelgemüse wie Sellerie. Auch Obst funktioniert. „Aktuell experimentieren wir aber auch mit Artischocken, Spargel, Fichtensprossen oder Blüten. Kaffee, Tee, Sauerteig, Wein und Essig“, sagt Achilles.

Der Eigengeschmack der Zutaten ist maßgebend. Die saure Note entsteht durch den Gärungsprozess. Kochexperten empfehlen, grundsätzlich auf Bioprodukte zurückzugreifen. Unreifes oder zu reifes Gemüse beziehungsweise Obst eignet sich nicht.

Verschiedene Sorten kann man auch mischen oder Knoblauch, Ingwer, Chili und Zwiebeln beimengen. Wer hier experimentieren will, sollte allerdings ein bisschen Erfahrung haben. Ansonsten bietet es sich an, auf ein bereits bestehendes Rezept zurückzugreifen. Denn der erforderliche Salz- und Wasseranteil ist je nach Gemüse oder Obst unterschiedlich.

„Grundsätzlich muss das Wasser still sein. Auch Leitungswasser funktioniert, allerdings nur, solange es nicht direkt aus dem Hahn kommt“, schreibt Pike in ihrem Kochbuch. Lässt man es ein wenig stehen, verflüchtigen sich Zusätze wie Chlor oder Fluorid. „Am besten, man trägt bei der Verarbeitung Handschuhe und verwendet zum Händewaschen unparfümierte Seife“, rät Achilles. Fremdgerüche können den Geschmack nämlich beeinflussen.

Teure Utensilien braucht man nicht. Traditionell wird ein Tontopf verwendet. Genauso gut funktionieren aber auch Schnappgläser, Flaschen oder Einmachgläser mit Einkochring und Deckel. Küchengeräte aus Kunststoff oder Metall sind nicht geeignet, da das Fermentiergut mit dem Material reagieren kann. Für die Vorbereitung des Gemüses sind ein Brett und ein scharfes Messer ausreichend.