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Zum Heulen komisch - Klinikclowns bei der Lach-Visite

01.12.2014, 12:20
Kerstin Daum (r) und Ines Vowinkel besuchen als Klinikclowns die dreijährige Felyna: Seit sieben Jahren bringen die Clowns einmal pro Woche Patienten auf andere Gedanken. Foto: Jens Büttner
Kerstin Daum (r) und Ines Vowinkel besuchen als Klinikclowns die dreijährige Felyna: Seit sieben Jahren bringen die Clowns einmal pro Woche Patienten auf andere Gedanken. Foto: Jens Büttner dpa-Zentralbild

Schwerin - Humor ist keine Medizin, kann aber heilsam sein. Klinikclowns bringen Patienten zum Lachen oder rühren sie gar zu Tränen. In jedem Fall sorgen die Spaß-Visiten für komische Kurzweil am Krankenbett.

Die dreijährige Felyna hat sich zur Visite unter der Bettdecke versteckt. Mit einem lauten "Huh" erschreckt sie ihre Besucher im Kinderkrankenhaus Schwerin. Die beiden rotnasigen Frauen nehmen dem Mädchen den Spaß nicht übel, im Gegenteil. Alles was ablenkt vom Klinikalltag, ist erlaubt, finden die Clowns. Seit sieben Jahren bringen "Fine" alias Ines Vowinkel und ihre Komiker-Kollegen einmal in der Woche den Stationsbetrieb ordentlich durcheinander. In bunten Kostümen, mit der Gitarre im Anschlag und lustigen Sprüchen auf den Lippen, wirbeln sie durch Klinikflure und Kinderzimmer.

Die Auftritte der Spaßmacher kommen - meistens - gut an. "Nach dem Besuch der Klinikclowns sind die Kinder ausgelassener, nicht mehr so ängstlich, kooperativer", findet Schwester Alice Knüppel. "Das hilft schon bei der Betreuung und Behandlung." Obwohl es manchmal auch ganz schön laut und chaotisch zugehe bei so einer Lach-Visite, wie sie einräumt. Schmunzelnd schüttelt die Krankenschwester den Kopf, als "Fine" ihr zuwinkt und an der nächsten Zimmertür anklopft.

Programme werden niemals vorbereitet, nur die Krankengeschichten der Kinder haben die
Klinikclowns im Kopf. "Dann lassen wir uns einfach überraschen und improvisieren", erklärt Ines Vowinkel. Die Kunst der Clownerie lernte die freiberufliche Musikpädagogin in der Schule für Tanz, Clown und Theater Hannover. Doch Handwerk allein genügt nicht, um in Kliniken therapeutisch zu arbeiten. Da brauche es vor allem jede Menge Einfühlungsvermögen.


"Clowns knüpfen auf einer sehr emotionalen Ebene Kontakte", sagt Kompagnon Kerstin Daum mit dem Künstlernamen "Kiki". "Wir unterstützen kindliche Energien, wecken Potenziale, das ist nicht immer nur komisch." Manchmal leben die Knirpse auch angestaute Wut über ihre Situation regelrecht aus, lassen ihren Aggressionen freien Lauf oder lösen sich schier in Tränen auf. Das muss dann eben sein, wie die Clowns wissen. Oft gleichen ihre Visiten einem Wechselbad der Gefühle, das am Ende aber entspannend wirkt.

Beim Toben hat sich die tollpatschige "Kiki" unter Felynas Bett "eingeklemmt" und muss befreit werden. Die kleine Patientin tröstet selbstvergessen den jammernden Clown. Wieder froh gelaunt und singend rauschen die Besucher schließlich hinaus. "Ich empfange hier genauso viel wie ich gebe", sagt Kerstin Daum. Die gelernte Rundfunkmechanikerin und Erzieherin ist seit drei Jahren selbstständiger Clown in Schwerin. Außerdem tritt sie mit den "Rostocker Rotznasen" auf, den Klinikclowns der Hansestadt.

Auch Tanja Streller ist eine der "Rotznasen". Insgesamt sieben Akteure spielen in der Universitätsklinik Rostock, besonders oft auf der Kinderkrebsstation. "Ohne jeden Vorbehalt, mit Offenheit und Naivität gehen wir auf die Patienten zu", sagt Streller. "Wir betreten keine Bühne, wir sind keine maskierten Faxenmacher." Statt platter Witze und plumper Possen seien Neugier und Respekt, einfach liebevolles Interesse gefragt. "Klinikclowns sind oft auch selbst zu Tränen gerührt."

Finanzielle Unterstützung kommt von der Stiftung
"Humor hilft heilen" (HHH). Die von dem Arzt und Kabarettisten Eckart von Hirschhausen gegründete Stiftung fördert bundesweit 50 Clowns-Vereine. Mehr als 200 professionelle Komiker seien in deutschen Kliniken aktiv, sagt die Stiftungssprecherin Sandra Paule. "Humor ist kein Medikament, kann aber Linderung und Erleichterung im Klinikalltag bringen." Wer lacht, verspüre nicht so starke Schmerzen, ein Klinikaufenthalt werde weniger traumatisch, ist Sandra Paule überzeugt. "Seelenhygiene ist so wichtig wie Desinfektion", sagt sie.