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Medizinischer Sonntag über Depressionen Gutgemeinte Ratschläge helfen den Betroffenen nicht

Von Uwe Seidenfaden 30.03.2009, 07:06

Depressionen zählen zu den häufgsten Gründen für einen Arztbesuch. Auskünfte über diese Erkrankung gaben Fachärzte auf dem gestrigen Medizinische Sonntag – einer Gemeinschaftsveranstaltung des Magdeburger Universitätsklinikums, der URANIA und der Volksstimme. Etwa 450 Besucher kamen, um die medizinischen Vorträge zu hören und mit den Ärzten zu diskutieren.

Magdeburg. Mit der Wirtschaft geht es weltweit bergab, mit den Arbeitslosenzahlen bergauf. Das schlägt nicht nur Börsianern auf die Stimmung. Doch nicht jeder Mensch, der vom Arbeitsplatzverlust betroffen ist, bekommt gleich eine Depression. " Menschen, die durch die Familiengeschichte erblich belastet sind, haben ein größeres Risiko, in bestimmten Situationen eine Depression zu bekommen ", so Professor Bernhard Bogerts von der Magdeburger Uniklinik für Psychiatrie und Psychosomatische Medizin.

Verschiedene Symptome können auf Depressionen im medizinischen Sinn hinweisen. Die Betroffenen sagen meist, dass ihnen der nötige Schwung fehlt. Zu alltäglichen Dingen wie dem Aufstehen, dem Essen machen oder zur Arbeit zu gehen, können sie sich nicht so recht aufraffen. Das tägliche Einerlei lastet auf ihnen wie Blei. Ärzte sprechen dann von Antriebsstörungen.

Aber auch das genaue Gegenteil ist möglich. Die Betroffenen sind euphorisch aktiv und von unbedachten Handlungen wie der verschwenderischen Geldausgabe angetrieben. Manchmal wechseln sich die Zustände der Antriebslosigkeit und Hyperaktivität ab. " Bei einer Depression sind oftmals auch das Denken, die Merk- und Konzentrationsfähigkeit gestört ", so Professor Bogerts.

Nicht selten treten Depressionen begleitend zu anderen Erkrankungen auf – z. B. nach einem Schlaganfall, bei einer Krebserkrankung oder bei der Schüttellähmung ( Parkinson ). Sehr häufg sind Depressionen im höheren Alter. Durchblutungsstörungen, Abbau an Hirnmasse oder soziale Vereinsamung sind typische Gründe.

" Ohne Medikamente ist eine schwere Depression nicht zu behandeln ", sagt Professor Bogerts. Medikamente korrigieren das bei einer Depression gestörte Gleichgewicht von Hirnbotenstoffen wie das Serotonin und das Noradrenalin. Die Korrektur gelingt nicht immer im ersten Anlauf, wie die zahlreichen Fragen aus dem Publikum zeigten. " Manchmal müssen verschiedene Wirkstoffgruppen ausprobiert werden, um einen Erfolg zu erzielen ", so der Arzt. In der Regel wird die Behandlung durch eine Psychotherapie ergänzt. Bei leichteren Depressionen kann man es auch mit Johanniskraut und bei Winterdepressionen mit einer Lichttherapie versuchen.

" Spann doch mal richtig aus " und andere gutgemeinte Ratschläge helfen den Betroffen dagegen nicht. Unter Umständen lösen die Tipps sogar das genaue Gegenteil aus. " Alle meinen es so gut mit mir und ich bin so ein Versager. Dafür müssen sie mich doch verachten ", könnten die Betoffenen fatalerweise daraus schlussfolgern.

" Wie häuf g Depressionen bereits im Kindesalter auftreten ist bislang unbekannt ", sagte Professor Hans-Henning Flechtner von der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin des Kindes- und Jugendalters. Bei Kleinkindern können häufge Schlafstörungen, Spieleunlust und sich an den Kopf schlagen darauf hindeuten. Oftmals gegen die Symtome aber schnell und von allein vorbei.

Mit zunehmendem Alter des Kindes ist die Diagnose dann leichter zu stellen. Insbesondere bei männlichen Jugendlichen kann sich eine Depression auch in agressivem Verhalten, Alkohol- und Drogenmissbrauch äußern. In solchen Situationen ist den Eltern zu raten, professionelle therapeutische Hilfe zu suchen. Unterstützung bieten Psychotherapeuten und Psychiater. Deren Hilfe sollte man insbesondere dann in Anspruch nehmen, wenn die Probleme länger als 14 Tage andauern.