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Fettleibigkeit, Mangelerscheinungen, etc. Wissen über gesunde Ernährung geht zunehmend verloren

20.11.2006, 15:19

Laut Mikrozensus 2005 werden die Deutschen immer dicker – Lässt sich der Trend noch stoppen? Interview mit Prof. Dr. med. Hans Konrad Biesalski, Direktor des Instituts für Biologische Chemie und Ernährungswissenschaften der Universität Hohenheim und Mitglied im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Frage: Die Adipositas und ihre gefährlichen Folgeerkrankungen sind auf dem Vormarsch. Kann dieser Trend in den reichen Industrienationen überhaupt noch gestoppt werden?
Prof. Biesalski: Bisherige Versuche haben gezeigt, dass sich die Adipositas in ihrer epidemischen Ausbreitung nur schwer in die Schranken verweisen lässt. Laut Weltgesundheitsorganisation sind bereits über eine Milliarde Menschen übergewichtig. Bis zum Jahr 2020 dürften bis zu 70 Prozent aller krankheitsbedingten Todesfälle auf die Folgen falscher Ernährung zurückzuführen sein. Da Aufklärung und Appelle bislang nicht ausreichen, sind zusätzliche Erkenntnisse aus der Ursachenforschung notwendig, um hier erfolgreich eingreifen zu können.
Frage: Zunehmend sind auch Heranwachsende von Übergewicht und Adipositas betroffen. Woran liegt das, und wie ist dem Problem beizukommen?
Prof. Biesalski: Grundlegende Kenntnisse in Bezug auf eine gesunde Ernährung, aber auch die Bereitschaft zur sachgerechten Zubereitung von Lebensmitteln, scheinen mehr und mehr verloren zu gehen. Diese Kenntnisse werden zudem an Heranwachsende nicht mehr ausreichend vermittelt. Um dies zu ändern, wären spezielle pädagogisch-didaktische Programme erforderlich, die bereits in Schulen und Kindergärten einsetzen müssten.
Frage: Für die Volkskrankheit Übergewicht wird nicht selten pauschal die Nahrungsmittelindustrie verantwortlich gemacht mit ihrem forcierten Angebot energiereicher, stark fett- und zuckerhaltiger Lebens- und Genussmittel. Wie berechtigt ist dieser Vorwurf aus Ihrer Sicht?
Prof. Biesalski: Dieser Vorwurf trifft nur bedingt zu, da die Verbraucher ja selbst durch eigenes Handeln die Nachfrage regeln. Anders herum: Die Industrie reagiert letztendlich auf Verbraucherwünsche. Parallel zeichnet sich bei den Herstellern ein Trend ab, Lebensmittel durch Zusatz von Vitaminen oder durch Reduzierung von Fetten künstlich "aufzuwerten" und in den Augen der Verbraucher als gesund erscheinen zu lassen.
Frage: Ob Low Carb, Glyx- oder Hollywood-Diät, an modischen Abnehmkonzepten mangelt es nicht. Tatsache ist, dass knapp die Hälfte der Diät-Kandidaten nach dem Abnehmversuch wieder an Gewicht zulegt, jeder Zwanzigste wiegt sogar mehr als vorher. Liegt es an den Programmen oder an den Probanden, dass Gewichtsreduktionsmaßnahmen so häufig fehl schlagen?
Prof. Biesalski: Sowohl als auch. Diät-Programme müssen der sich ändernden Forschung angepasst werden, um ihre Wirksamkeit zu erhöhen. Gleichzeitig ist es erforderlich, Gewichtsreduktion als ganzheitliche therapeutische Aufgabe auf den Gebieten Ernährung, Verhalten und Bewegung zu verstehen.
Frage: Laut Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung dürfen täglich nicht mehr als 40 Gramm Fett verzehrt werden, wenn man abnehmen will. Sind Übergewichtige mit dieser Umstellung auf eine fettarme Ernährung nicht häufig überfordert?
Prof. Biesalski: Die American Heart Association erlaubt 35 Prozent der zugeführten Gesamtenergie als Fett, also bei 2000 Kilokalorien etwa 600 als Fett. Das ist realistisch, weil eine Ernährung mit weniger als 30 Prozent Fett nicht schmeckt. Außerdem muss man immer wieder betonen, dass Fettmodifikation, also eine Änderung des Fettverzehrs zugunsten pflanzlicher Fette, wichtiger ist als eine reine Fettreduktion.
Frage: Inwiefern können medizinische Hilfsmittel – Arzneimittel wie Sibutramin und Orlistat oder auch Medizinprodukte wie Polyglucosamin (L112) – in Gewichtsreduktionstherapien eine unterstützende Funktion einnehmen?
Prof. Biesalski: Solche Mittel können zusammen mit einem vernünftigen, ganzheitlich orientierten Abnehmprogramm durchaus hilfreiche Begleiter sein.

http://www.l112.com