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Klostergärten Von der Stille jenseits der Mauern

Der Garten des Klosters Drübeck lädt zur Meditation in historischem Ambiente ein.

Von Ivonne Sielaff 28.07.2016, 01:01

Drübeck l „Es gibt wohl keinen Gast, der achtlos an unserer Linde vorbeigeht“, sagt Renate Eitz. Sie steht unter dem altehrwürdigen Baum, schaut blinzelnd hinauf. Die Äste der Linde reichen bis weit auf den Boden, ihre Blätterkrone bildet ein Dach für all jene, die unter ihr Schutz und Ruhe suchen. „Sowie sich die Blätter bewegen, fällt Sonnenlicht auf die Erde. Und wenn sie blüht, ist sie einfach wunderschön“, sagt die Drübeckerin.

Seit 16 Jahren führt sie Besucher durchs Kloster Drübeck, weiß etliches über die Anlage und ihre damaligen Bewohner zu berichten. Die Linde gehört zum Rundgang dazu, bildet sie doch mit der Kirche St. Vitus den Mittelpunkt des historischen Areals. Einst habe man sieben Lindensetzlinge in ein Pflanzloch gesteckt und so bandagiert, dass sie zu einem Baum zusammenwachsen.

Fast 300 Jahre ist das her, genauso lange wie die letzte große Umgestaltung der Anlage. Die Geschichte des Benediktinerinnenklosters geht bis in das 10. Jahrhundert zurück. 1687 gelange das gesamte Kloster in den Besitz der Grafen zu Stolberg-Wernigerode. Graf Ernst Christian war es, der den Komplex zwischen 1720 und 1732 in einen Damenstift umbauen ließ. „Für sechs Frauen – eine Äbtissin und fünf Stiftsdamen“, sagt Renate Eitz. Der Graf ließ sechs Wohnungen errichten, mit sechs Kellern, sechs Stallungen und sechs Gärten. „Sie waren Selbstversorger, mussten sich ihr Obst und Gemüse selbst anbauen.“

Der Äbtissinnengarten ist der größte. Herb duftet der Lavendel, der ihn wie ein lilafarbenes Band umsäumt. Renate Eitz zeigt auf vier Eiben. „Sie sind so alt wie unsere Linde“, sagt sie. Die vier Kronen sind wie ein Dach zusammengewachsen – ganz alt und verknöchert. Hinter dem Wegekreuz zur Mauer hin habe früher ein Gartenhaus gestanden. „Das gibt es jetzt nicht mehr.“ Der einstigen Streuobstwiese der Äbtissin, heute eine Wiese, schließt sich der Rosengarten an – ein Rondell, umrandet von einer 100 Jahre alten Buchsbaumhecke. „Ein Traum, wenn die Rosen in voller Blüte stehen. Wie das duftet“, schwärmt die Gästeführerin.

Bis vor einigen Jahren habe hier alles völlig anders ausgesehen. Das Diakonische Amt der Kirchenprovinz Sachsen habe die Anlage 1946 auf Bitte der letzten Äbtissin übernommen und sie bis zur Wende als Erholungsheim geführt. Heute wird sie von der evangelischen Kirche als moderne Tagungsstätte genutzt. Dank des Projektes „Gartenträume“ ist es nach der Jahrtausendwende gelungen, die Gärten nach historischen Plänen in ihren ursprünglichen Zustand zurückzubauen. Das Wegesystem wurde wieder angelegt, der frühere Bachlauf angedeutet.

Auch die Gärten der fünf Stiftsdamen erhielten ihr altes Gesicht zurück. „Bis 2004 war dies ein einziger großer Garten, umgeben von einer Jahrhunderte alten Natursteinmauer. Zu DDR-Zeiten wurde hier Gemüse angebaut.“ Dabei besaß früher jede Stiftsdame einen eigenen, durch eine Mauer abgetrennten Garten. Die Damen hätten hier gearbeitet, aber auch meditiert und gebetet. Der Graf habe 200 Gebete für die Frauen herausgesucht, sie auf Seide drucken und im Gartenhäuschen aufhängen lassen. Heute trennen die Gärten wieder Mauern, an Obst- und Gemüseanbau erinnert nichts mehr. Geblieben ist eine Wiese, unterteilt von einem Wegekreuz – ganz schlicht. „Unsere Besucher kommen zu uns, um Ruhe zu finden“, sagt Renate Eitz. Die Leute würden die Stille hinter den Klostermauern genießen. „Ich habe sogar schon Gäste gesehen, die in einem der Gärten eingeschlafen sind, mit einem Buch in der Hand.“

Für die Pflege der Anlage ist eine Gartenbaufirma aus Ditfurt engagiert worden. „Hier ist immer viel zu tun. Schon allein das Rasenmähen nimmt viel Zeit in Anspruch.“ Lediglich der Küchengarten ist noch in privater Hand. Der einstige Pensionärsgarten für ehemalige Angestellte wird seit Jahren von einer rührigen Drübeckerin gepflegt. Mit viel Liebe – das wird deutlich. Es blüht und duftet auf das Üppigste – nach Kräutern, Gemüse, Stockrosen, Dahlien, Fenchel, Nelken, Königskerzen, Johannisbeeren. Oft kommen die Köche der Klosteranlage kurz vor dem Essen vorbei, um in einem Körbchen Kräuter zu sammeln. „Und für unsere Gäste ist es eine große Freude, zu schnuppern und zu naschen.“

Überhaupt sei es die Gastfreundschaft, die im Kloster Drübeck großgeschrieben wird, sagt Renate Eitz zum Abschluss des Rundgangs. „Unsere Türen stehen jedem offen. Wie einst bei den Benediktinern.“

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