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Ernährung Wildkräuter im Salat oder Saft

Gundermann, Giersch und Gänseblümchen zählen zu den bekanntesten Wildkräutern. Auf dem Teller sorgen sie für intensive Geschmackserlebnisse.

12.04.2017, 23:01

Stuttgart (dpa) l Für einige sind sie nur störendes Unkraut. Bei Feinschmeckern erfreuen sich Wildkräuter dagegen schon länger wachsender Beliebtheit. „Besonders jetzt im Frühjahr, wenn die Blätter jung und mild sind, ist der optimale Zeitpunkt für Einsteiger“, erklärt Gärtner Olaf Schnelle, der in Grammendorf im Landkreis Vorpommern-Rügen eine besondere Gärtnerei hat.

Mit ihr hat er sich auf Wildpflanzen und seltene Gemüsesorten spezialisiert. „Wir bauen die Wildkräuter nicht direkt an, sondern tolerieren mit Absicht den Spontanwuchs von Acker- unkräutern wie Vogelmiere, Franzosenkraut, Melde, Kamille und Ackerhellerkraut. Wir sammeln für unsere Kunden auch Giersch, Bärlauch, Brennnesseln, Waldklee oder Waldmeister, die halbwild in unserem Obstgarten wachsen“, sagt Schnelle, der sogar die Top-Gastronomie mit essbaren Wildpflanzen beliefert.

Das Lieblingskraut des Gärtners ist jetzt im Frühjahr das junge Kamillenblatt. „Es schmeckt vanilleartig und passt wie die Tonkabohne gut zu Fisch und Krustentieren.“ Statt auf Spritzmittel setzt er auf eine einfachere Strategie: aufessen.

Der Geograf und Biologe Markus Strauß aus Stuttgart schätzt an Wildkräutern das Unverfälschte. „Essbare Wildpflanzen gedeihen ohne Einsatz von Bodenbearbeitung, Düngemitteln, Agrarchemie, Züchtung und Genetik. Sie bereichern das ganze Jahr über den Speiseplan“, sagt Strauß, der auch ein Buch zum Thema geschrieben hat und als Wildkräuter-Dozent arbeitet. Wildkräuter galten lange Zeit als Arme-Leute-Essen und sprachen nur Selbstversorger, Kräuterfans und Gesundheitsapostel an. Heute seien sie etwas für jedermann.

Ein Schüler von Markus Strauß ist der ehemalige Sternekoch und Küchenmeister Jens Dannenfeld, der nun sein Elternhaus in Uelzen-Veerßen zur Wildkräuterkochschule mit Seminarräumen und Küchengarten umbaut. In der umliegenden Heideregion sieht der Koch fruchtbaren Boden für seine Idee: „Wildgemüse trifft den allgemeinen Trend der Nachhaltigkeit. Deshalb kann man von einem neuen Interesse rund um das alte Wildgemüse sprechen.“

Sein Konzept sei es, anderen die saisonale Küche mit regionalen Basics und Wildkräutern näher zu bringen – zum Beispiel im Salat. „Mit gehackten Schafgarbe- und Vogelmiere-Blättern lässt sich wunderbar eine Vinaigrette für gemischten Salat verfeinern.“ Wer es lieber mild-würzig und süß mag, dem empfiehlt der Koch einen Smoothie aus Joghurt, Mineralwasser, Honig und jungen Brombeerblättern.

Wildkräuter-Spitzenkoch Jean-Marie Dumaine aus Sinzig setzt seit über 35 Jahren seine Vision rund um essbare Wildpflanzen um. Zu Beginn war der gebürtige Normanne auf der Suche nach außergewöhnlichen Aromen für seine Naturküche. Heute ist er selbst ein gefragter Fachmann für Wildpflanzen und gibt sein Wissen bei Wildkräuterwanderungen und Kochkursen weiter. Dumaines Ziel ist es, in seinem Restaurant „Vieux Sinzig“ die Natur auf dem Teller erlebbar zu machen. „Die Menschen müssen wieder lernen, dass die besten Geschmacksverstärker aus Mutter Natur und nicht aus der Tüte kommen“, sagt der Koch.

Besonders die Blütenknospen des Spitzwegerichs haben es Dumaine angetan. „Zwei bis drei Knospen pro Portion geben ein intensives Champignonaroma.“ Er lehrt seine Gäste auch, Bitteres zu mögen. „Die natürlichen Bitterstoffe geben den Aromen erst Fülle. Sie wirken außerdem anregend auf Magen, Darm und Stoffwechsel.“ Wer sich erst neu an das Thema Wildkräuter herantastet, kann es mit einem Wildkräuter-Pesto aus Olivenöl, Bärlauch, Gänsedistel und Parmesan versuchen. „Es schmeckt zu Pasta oder Kartoffeln.“