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Tomaten Menschenfresser-Tomate beißt nicht

In Aschersleben leben Gisela Ewe und Kevin Grimm ihre Leidenschaft für Tomatensorten aus aller Welt aus.

Von Emily Engels 18.08.2016, 01:01

Aschersleben l Bei der Fernsehsendung „Wer wird Millionär“ wäre die kürzlich gestellte 500.000 Euro-Frage für Gisela Ewe ein Kinderspiel gewesen. „Die haben nach der Menschenfresser-Tomate gefragt“, sagt sie. Und Tomaten, mit denen kennt sich die Agrarwissenschaftlerin schließlich aus. Nicht umsonst trägt sie den Spitznamen: Tomatenkönigin. Seit sechs Jahren ist die Ascherslebenerin für den Tomatengarten in der Kleingartenparzelle „Froser Straße“ bekannt. Am kommenden Sonnabend kann dieses Schmuckstück von Besuchern besichtigt werden (siehe Infokasten).

„Aus zehn Sorten wurden 56 Sorten, heute haben wir Samen von 518 verschiedenen Tomatensorten“, beschreibt Gisela Ewe. An der Vielfalt, die die Tomatenpflanze bietet, fasziniert die 69-Jährige einfach alles. „Der Geschmack, die verschiedenen Größen und die Form“, schwärmt sie. 300 Sorten ließ die Hobbygärtnerin vor zwei Jahren in dem Garten wachsen. Jetzt hat sie die Zahl auf 200 reduziert. „So können wir immer zwei Pflanzen gleichzeitig anbauen. Wenn eine nichts wird, haben wir noch die Ersatzpflanze“, erklärt sie.

Bei so vielen Pflanzen geht es natürlich nicht ohne Hilfe. Die Tomatenkönigin kam – um im Bild des Märchens zu bleiben – durch Zufall an „ihren“ Tomatenprinzen. Der 32-jährige Krankenpfleger Kevin Grimm schaute in der Anfangszeit des Tomatengartens bei einem Tag der offenen Tür vorbei. „Er fragte mich, ob er ein paar Samen haben könnte“, so Ewe. Sie habe frech entgegnet: „Nein, Du kannst gleich hier bleiben und mithelfen.“ Eine gute Entscheidung, findet die 69-Jährige. Denn, so sagt sie: „Der Kevin ist noch viel fanatischer als ich.“

Wenn Gisela Ewe und Kevin Grimm sich unterhalten, ist es ein Gespräch von zwei Experten unter sich. „Übrigens, meine Nadja ist schon reif“, sagt Ewe beiläufig zu Grimm. Damit meint sie – wie sollte es auch anders sein – eine Tomatensorte, einen ihrer Neuzugänge. „Nadja ist eine aromatische, frühe Tomate“, erklärt sie für den Laien. Die Sorte habe sie von einem Diplomlandwirt aus Eisleben bekommen, der sie dort gezüchtet hat. Eine weitere besondere Sorte ist die Johannisbeer-Tomate. Anders als bei der „Nadja“ weiß man bei dem Namen gleich, woran man ist. Wer die Pflanze von weitem sieht, könnte meinen, dass es sich um die säuerliche Beere handelt, mit der man Kuchen backen kann. Die kleinen Früchte der Pflanze schmecken jedoch tatsächlich ganz eindeutig nach Tomate.

Dass Gisela Ewe Tomatensamen zugeschickt oder vorbeigebracht bekommt, ist keine Seltenheit. „Viele Samen haben wir vom Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung aus Gatersleben bekommen“, erzählt sie. Andere Samen kommen zum Beispiel von Bekannten, die sie aus ihren Urlauben mitbringen. „Ein Bekannter hat mir eine Tomatensorte aus Thailand mitgebracht“, sagt Ewe. Gepflanzt und gepflegt werden die Tomaten übrigens von Mitarbeitern der Ökologischen Sanierungs- und Entwicklungsgesellschaft (ÖSEG). Eine Gesellschaft, die Langzeitarbeitslosen eine Beschäftigung bietet. Auch die Tomatenfrüchte der insgesamt 400 Pflanzen werden für einen guten Zweck gespendet: Sie gehen an die Speisekammer, so heißt die Tafel der Stadt.

Nur zwei Tomaten pro Sorte hebt Gisela Ewe auf. Denn die Königin und der Prinz betreiben eine „Erhaltungszucht“ Jedes Jahr ernten sie die Samen der Tomaten. Diese setzen sie für ein Jahr aus und 200 andere Sorten kommen an die Reihe. Unter den 518 Sorten, die inzwischen zusammengekommen sind, befindet sich übrigens auch die Menschenfresser-Tomate, die Gisela Ewe bei Günther Jauch um 500 000 Euro reicher gemacht hätte. Der Hintergrund des Namens ist makaber. Die Pflanze bekam ihn, so die Geschichte, weil sie auf den Fidschi-Inseln von kannibalisch lebenden Stämmen genutzt worden sei, um Menschenfleisch besser verträglich zu machen. Die blutroten Früchte sind zwar essbar, schmecken roh aber bitter. Gisela Ewe nutzt die exotische Tomatensorte nicht zum Kochen. „Meine Lieblingssorte ist die Sungold Orange“, sagt sie. Die strahlend orangene Kirschtomatensorte ist für einen pikant-süßen Geschmack bekannt.

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