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Giftköder für Hunde: Wenn das Leckerli zur Todesfalle wird

18.08.2015, 09:27

Berlin - "Giftköder tötet Hund", "Tierquäler spicken Wiener Würstchen mit Stecknadeln", "Polizei warnt: Köder mit Rasierklingen ausgelegt". Immer wieder gibt es solche Meldungen - und oft enden die Attacken für die Tiere tödlich.

Sie verbluten innerlich, sterben unter Krämpfen und großen Schmerzen, wie die Tierrechtsorganisation Peta schildert. Aber auch Menschen seien gefährdet, betont der Deutsche Tierschutzbund - etwa spielende Kinder, wenn sie mit Giftködern in Berührung kommen. Werden solche Straftaten in Deutschland häufiger?

"Wir haben ganz klar den Eindruck, dass die Zahl der Fälle zunimmt", hat Baden-Württembergs Tierschutzbeauftragte Cornelie Jäger kürzlich gesagt. Peta spricht von einer bundesweiten Häufung, auch wenn offizielle Zahlen dazu rar sind. "Durch Medienberichte oder Hilferufe von Betroffenen erfahren wir fast täglich von Anschlägen durch mit Gift oder scharfkantigen Gegenständen präparierte Köder auf Tiere", erläutert Judith Pein, Sprecherin der Tierrechtler von Peta.

In der Kriminalstatistik werden die Delikte als Verstöße gegen das Tierschutzgesetz erfasst, teils auch als Sachbeschädigung. Bei den Vergehen gegen den Tierschutz haben die Ermittler im vergangenen Jahr bundesweit 6719 Fälle erfasst - verglichen mit dem Jahr 2010, als 6521 Fälle registriert wurden, ist das ein Plus von gut drei Prozent. Um welche konkreten Fälle es sich dabei handelte, lässt sich aus der Kriminalstatistik jedoch nicht ableiten. Aufschlussreicher sind hier Stimmen aus einzelnen Bundesländern.

Beispiel Bayern: Das Landeskriminalamt in München will Angriffe auf Hunde mit präparierten Ködern zwar nicht als Kriminalitätsschwerpunkt bezeichnen. Allerdings sei in Bayern seit dem Jahr 2011 mit rund 60 Fällen bis zum Jahr 2014 mit etwa 100 Fällen "ein kontinuierlicher Anstieg der Fallzahlen" festzustellen. Diese Tendenz setze sich im laufenden Jahr fort. "Im ersten Halbjahr 2015 waren bereits 85 Fälle zu verzeichnen", teilt ein Sprecher mit.

Weiteres Beispiel: Rheinland-Pfalz. "Die Fallzahlen für diesen Bereich stiegen in den Jahren 2008 bis 2014 mit verschieden hohen Zuwächsen fast ständig an", heißt es aus dem dortigen Landeskriminalamt. Die Täter hatten Hunde mit Wurst und Fleisch geködert und die vermeintlichen Leckerlis mit Schneckenkorn, Rattengift, Rasierklingen, Nägeln oder Glasscherben präpariert. Die Köder fanden sich auf öffentlichen Plätzen, Straßen und Feldwegen oder wurden auf Privatgrundstücke geworfen.

Die Polizei im Saarland vermutet hinter den Delikten länger andauernde Streitigkeiten etwa zwischen Nachbarn, wie das Landespolizeipräsidium in Saarbrücken erklärt. Ähnlich sieht es der Deutsche Tierschutzbund: Oft würden zwischenmenschliche Konflikte über das Haustier ausgetragen. Opfer seien dabei längst nicht nur Hunde; so sei auch schon mit einem Luftgewehr auf Katzen geschossen worden. Die genauen Motive jedoch blieben ebenso wie die Täter meist unbekannt, bedauert der Tierschutzbund.

Für Peta-Sprecherin Pein steht indes fest: "Niemand, der psychisch gesund ist, möchte einem Lebewesen so etwas antun." Es sei "ein enormer Schritt" von dem Punkt, sich nur über ein Tier zu ärgern, bis zu dem Punkt, es schließlich qualvoll zu töten.

Auch Sascha Schoppengerd - Mitinitiator des privaten Internetangebots
"Giftköderradar" - befürchtet ein großes Dunkelfeld. Auf der Website können sich Hundehalter über Giftköderfunde informieren, die den Betreibern gemeldet wurden. In diesem Jahr seien schon rund 1800 Meldungen aufgenommen worden (im Vergleich zu 1277 Meldungen im gesamten vergangenen Jahr), allerdings sei nur in rund 100 Fällen eine Anzeige bei der Polizei erstattet worden. "Und genau da liegt das große Problem", sagt Schoppengerd.


Peta fordert seit längerem ein offizielles Melderegister, um Giftanschläge zentral zu dokumentieren. Ganz wichtig sei es jedenfalls, als betroffener Tierhalter Anzeige zu erstatten und Köder-Funde zu melden, empfiehlt Judith Pein.


So schützen Halter ihre Tiere
Bei dem Verdacht, dass der Hund einen Giftköder gefressen hat, hilft nur noch eins: Sofort zu einem Tierarzt gehen. Verdacht auf eine Vergiftung besteht etwa, wenn der Hund Symptome zeigt wie Erbrechen, Durchfall, Zittern, Krämpfe, Blutungen oder Atemnot. "Hundehalter sollen bitte keine eigenmächtigen Behandlungsversuche durchführen, bei denen wertvolle Zeit vergeht", mahnt Judith Pein von der Tierrechtsorganisation Peta.

Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund rät, dem Tierarzt eine Probe des Giftes oder des Erbrochenen mitzubringen. Folgende Infos seien relevant: Wann hat der Hund das Gift gegessen, wie sah der Köder aus, und wie viel wurde davon vertilgt?

Verliert der Hund das Bewusstsein, schwebt er in Lebensgefahr. In diesem Fall empfiehlt Schmitz: Zunge herausholen, Maulhöhle von Schleim und Erbrochenem befreien, Atemwege freihalten und eine Herzmassage vornehmen. Auf keinen Fall Erbrechen auslösen, denn dabei besteht Erstickungsgefahr.

"Grundsätzlich kann man nur empfehlen, dass Hundehalter ihre Hunde beim Spaziergang nicht aus den Augen lassen sollen", rät Schmitz. Gut ist auch, selbst immer Futter dabeizuhaben, so dass der Hund gar nicht erst auf die Suche geht. Falls notwendig, kann es auch Sinn machen, dem Tier einen Maulkorb aufzusetzen.

Um langfristig das Problem einzudämmen, sollten Halter sich bemühen, den Hass anderer Menschen auf Hunde gar nicht erst zu schüren. Pein ruft zu einem rücksichtsvollen Verhalten auf: Beispielsweise das Häufchen beim Gassigehen entfernen und es ernst nehmen, wenn jemand Angst vor Hunden hat.