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Zahnärztekammer: Nach Notfall-Intervention erfolgt weitere Behandlung durch den Hauszahnarzt Notdienst kein Ersatz für Sprechzeit

Von Gudrun Oelze 26.05.2015, 01:32

Ausgerechnet am Abend vor dem geplanten Wochenendausflug fiel Hagen Müller die Plombe aus dem Frontzahn heraus. Mit dem Notdienst, den er aufsuchte, war er unzufrieden.

Mit dem "Loch im Zahn" konnte er doch nicht mit den anderen mitradeln, meinte der Magdeburger und suchte die Dienst habende Zahnarztpraxis in der Elbestadt auf.

Doch seine Enttäuschung nach langem Warten im vollen Notdienst-Wartezimmer und kurzer Behandlung auf dem Zahnarztstuhl war groß: Mit nur provisorischer Füllung und dem Hinweis, das Übrige werde der Hauszahnarzt übernehmen, verließ der Patient zu später Stunde die Praxis.

Nun muss ich wegen der gleichen Sache nochmals Zeit für einen Zahnarztbesuch auf mich nehmen, schimpfte Hagen Müller und ärgerte sich, dass er im Notdienst nicht gleich richtig versorgt wurde. Ist das überhaupt zulässig, ihn nur mit Provisorien nach Hause zu schicken?, fragte er.

Zahnärztlicher Notdienst ist keine reguläre Sprechstunde

Für plötzlich auftretende Krankheitsfälle der Zähne und des Mundraumes bieten überall im Land Zahnärzte ihren Patienten in der sprechstundenfreien Zeit Hilfe an, so die Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt. Die für den Notdienst eingeteilten Kolleginnen und Kollegen öffnen an den Wochenenden und Feiertagen, mancherorts auch an den Abenden von Werktagen, ihre Praxis stundenweise und sind zusätzlich in Rufbereitschaft.

Dr. Frank Dreihaupt, Präsident der Zahnärztekammer, weist aber nachdrücklich darauf hin, dass es sich beim zahnärztlichen Notdienst nicht um eine reguläre Sprechstunde und auch nicht um eine Praxisvertretung wie während des Urlaubs handelt. "Der Notdienst ist allein zur Behandlung dringender, nicht aufschiebbarer Fälle eingerichtet. Der Zahnarzt kann und darf dort nur Maßnahmen zur Schmerzbeseitigung und -linderung und zur Verhinderung eines Fortschreitens der akuten Krankheitssituation des Patienten ergreifen", ergänzt Dr. Klaus Brauner, stellvertretender Vorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt.

In jedem Fall müsse eine Notversorgung weitergehende Komplikationen abwenden, dürfe eine angemessene Behandlung am Folgetag aber nicht unnötig erschweren oder sogar unmöglich machen.

Echte Notfälle sind Unfälle und akute Entzündungen

"Der zahnärztliche Notdienst ist nicht dafür gedacht, Patienten, die nicht bereit sind oder es versäumen, Behandlungstermine während der regulären Sprechzeiten wahrzunehmen, eine Behandlung in Zeiten des Notdienstes zu ermöglichen", so Dr. Brauner.

Die Sorgfaltspflicht des Zahnarztes erfordert während des Notdienstes eine symptombezogene Untersuchung oder eine eventuell notwendige Beratung jedes Patienten, der sich nachts oder am Wochenende hilfesuchend an ihn wendet.

Zu den wirklichen Notfällen, die im Rahmen des Notdienstes eine sofortige zahnärztliche Intervention erfordern, gehören laut der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde anhaltende Blutungen nach zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen, die sich vielfach bereits mittels einer einfachen Kompression zum Stillstand bringen lassen.

Echte Notfälle sind Unfälle und sämtliche Formen akuter fieberhafter, eitriger Entzündungen, bei denen eine Ausweitung der Infektion zu vermeiden ist. Bei Zahnschmerzen wird die Behandlung im zahnärztlichen Notdienst zumeist nur Maßnahmen zur Schmerzausschaltung beinhalten und einer endgültigen Behandlung am Folgetag nicht vorgreifen.

Hauszahnarzt schließt die begonnene Therapie ab

"Generell sollte sich jeder Notfall-Patient zur weiteren Behandlung und zum Abschluss der begonnenen Therapie bei seinem Hauszahnarzt in dessen regulärer Sprechstunde vorstellen", so Dr. Dreihaupt. Insofern habe der Kollege, der Hagen Müller im Notdienst nur provisorisch versorgte und dann an dessen Hauszahnarzt verwies, völlig korrekt gehandelt.