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Nach Trennung zwei Haushalte und keine Bedarfsgemeinschaft mehr Gespräch brachte Klarheit

Von Gudrun Oelze 12.01.2009, 08:58

Zu seiner früheren Lebensgefährtin hat Hartmut Karrie aus Harbke noch ein freundschaftliches Verhältnis. Auf dem ausgebauten Dachboden über seiner Wohnung richtete sie sich nach der Trennung mit Genehmigung des Vermieters eine eigene kleine Bleibe ein: ein Zimmer mit WC und Waschgelegenheit sowie eine separate Küche. Auch wenn der Weg in ihre Wohnung nur über die von Herrn Karrie führt, galt für beide: getrennt von Tisch und Bett.

Die ARGE im Bördekreis sah das anders. Nach einem Hausbesuch im Oktober vergangenen Jahres, hinter dem Hartmut Karrie einen Hinweis aus seinem früheren Bekanntenkreis vermutet, wurde ihm eine eheähnliche Gemeinschaft mit der Ex-Partnerin unterstellt. "Eine eheähnliche Gemeinschaft ist eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einer Frau und einem Mann, die so eng ist, dass sie von den Partnern als gegenseitiges Einstehen im Bedarfsfall erwarten lässt", teilte man dem ALG-II-Bezieher mit. In seinem Fall bestehe der Verdacht und liege "ein Indiz für eine eheähnliche Gemeinschaft vor". Er konnte sich zwar dazu äußern, doch die Hartz-IVLeistungen wurden erst einmal eingestellt. Der Gasversorger drohte schon mit Sperrung des Anschlusses.

"Ich habe kein eheähnliches Verhältnis", versicherte Hartmut Karrie in einem Brief an unsere Redaktion, "meine Ex-Partnerin und ich sind nach unserer Trennung nur Freunde geblieben und haben noch gemeinsam zwei Schäferhunde, die wir nach zehn gemeinsamen Jahren nicht trennen wollten."

Die ARGE aber unterstelle, dass das frühere Paar nach wie vor zusammen ein Bad benutze, gemeinschaftlich esse und in Urlaub fahre. "Letzteres ist aus fnanziellen Gründen gar nicht möglich", meint der ALG-II-Bezieher, man habe lediglich einmal gemeinsame Bekannte besucht. Und wenn die Ex-Freundin gelegentlich die Dusche in seinem Bad benutzen durfte, sei dies doch wohl auch kein Indiz für eine eheähnliche Partnerschaft. Besonders ärgerte es Herrn Karrie, dass der Besuch vom Amt die Räume, die die ehemalige Partnerin jetzt bewohnte, gar nicht sehen wollte, sondern nur seine Wohnung inspizierte.

Allein der Umstand, dass sich einstige Partner nach der Trennung nicht gegenseitig zerfeischen, sondern normal wie Nachbarn oder Freunde miteinander umgehen können, scheint doch wohl nicht die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zu rechtfertigen, gaben wir gegenüber dem Job-Center der Arbeitsgemeinschaft Börde zu bedenken.

In diesem Fall könnte die sogenannte gesetzliche Vermutung des Paragrafen 7 SGB II greifen, teilte dazu der stellvertretende Geschäftsführer Rüdiger Mages mit. Allerdings gebe das Gesetz eine solche Vermutung nur dann her, wenn ein wechselseitiger Wille nach Unterstützung anzunehmen ist. Ob ein solcher Wille in diesem Fall vorhanden sei, sollte ein persönliches Gespräch mit den Betroffenen klären.

In dem für ALG-II-Leistungen zuständigen Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches ist in Paragraf 7 festgelegt, wer zu einer Bedarfsgemeinschaft gehört. Zunächst einmal der oder die erwerbsfähige Hilfebedürftige selbst sowie auch "eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen".

Dieser wechselseitige Wille ist laut einer Ergänzung des SGB II immer dann zu vermuten, "wenn Partner
1. länger als ein Jahr zusammenleben,
2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen."

Keiner dieser Punkte traf für Hartmut Karrie und seine frühere Partnerin zu. Nach einer Unterredung mit ihm teilte Rüdiger Mages vom Job-Center der Arbeitsgemeinschaft Börde mit: "Eine sogenannte Einstandsgemeinschaft ist hier nicht zu vermuten. Herr Karrie erhält rückwirkende Leistungen."