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Schlaganfallpatient Sechs Wochen keine Therapie?

Von Gudrun Oelze 22.12.2008, 07:12

Nach einem Schlaganfall vor einem Jahr braucht Herr Schulze aus dem Salzlandkreis regelmäßige therapeutische Behandlungen. Dass diese Mitte November bis zum nächsten Quartal unterbrochen werden sollten, weil "der finanzielle Spielraum des Arztes ausgeschöpft" sei, wollte seine Ehefrau nicht hinnehmen.

Bei seinem gesundheitlichen Zustand kann mein Mann nicht sechs Wochen lang auf Maßnahmen bei Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie verzichten, schrieb sie.

Bei der Krankenkasse des Versicherten fragten wir daraufhin an, ob Kranke tatsächlich nur für eine gewisse Zeit in jedem Quartal die für sie nötigen Therapien in Anspruch nehmen können, weil das Budget von Arzt oder Krankenkasse mehr nicht erlaubt? Finanzielle Gründe für die Nichtfortsetzung therapeutischer Maßnahmen zum Ende eines Quartals wollte die Barmer Ersatzkasse aber nicht gelten lassen. "Es gibt keinen patientenindividuellen Budgetbetrag." Vielmehr seien medizinische Erwägungen des behandelnden Arztes ausschlaggebend für die Verordnungen. Der Befund und das Therapieziel mit einer reellen Aussicht, durch die Behandlungen auch erreicht zu werden, hätten Art und Länge der Therapie zu bestimmen. "Aufgrund solcher individueller Einschätzungen können Therapien verlängert, aber auch beendet werden", so die Barmer-Auskunft. Die sogenannten Heilmittelrichtlinien sehen aus Erfahrungswerten abgeleitete Verordnungsmengen bei bestimmten Leitsymptomen vor. Begründete Folgeverordnungen sind darin ausdrücklich zugelassen – auch zum Ende eines Quartals.

Wenn eine Praxis mit ihren Verordnungen weit über dem Durchschnitt liegt, könne es jedoch zu Überprüfungen durch die Kassenärztliche Vereinigung kommen, informiert die Barmer weiter. Allein die Möglichkeit einer Kontrolle der Praxisausgaben rechtfertige jedoch nicht wochenlange Pausierungen bei Therapien.

Dazu kam es bei dem Patienten in diesem Fall dann auch nicht. Seine Frau war zwischenzeitlich zu einem langen Gespräch beim Hausarzt, berichtete dort von ihrer Sorge um den Gesundheitszustand ihres Mannes und ließ sich die Argumente des Mediziners erläutern, die ihn zu einer Pausierung bei den therapeutischen Maßnahmen veranlasst hatten. Frau Schulze verließ die Arztpraxis in der Gewissheit, dass ihr kranker Mann nicht bis zum neuen Jahr auf eine Fortsetzung der Therapien warten muss.