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HINTERGRUND Gibt es Kindergeld auch beim Ganztags-Job?

13.11.2008, 10:12

Wenn ein volljähriges Kind ganztags jobbt, kann es auch selbst für seinen Unterhalt sorgen – meinte der Bundesfinanzhof (BFH) bis vor fast zwei Jahren. Die Auffassung, dass eine Entlastung der Eltern durch Kindergeld bei einer Vollzeiterwerbstätigkeit des Sprösslings nicht gerechtfertigt sei, revidierte das oberste deutsche Finanzgericht mit einem Urteil vom 16. November 2006. Nicht die wöchentliche Arbeitszeit, sondern die Höhe des Verdienstes vom Junior sei ausschlaggebend für den Kindergeldanspruch der Eltern, urteilten die Richter.

Liegt das Einkommen von Sohn oder Tochter unter dem Jahresgrenzbetrag von 7680 Euro, wird unter Umständen weiterhin Kindergeld gewährt. Nach Veröffentlichung des BFH-Urteils mit dem Aktenzeichen III R 15/06 hofften auch viele Väter und Mütter in Sachsen-Anhalt darauf.

Entsprechende Anträge konnten aber lange nicht entschieden werden, da den Familienkassen noch keine Durchführungsbestimmungen vorlagen. Seit Juli gibt es dazu ein Schreiben des Bundeszentralamts für Steuern. Im Bundessteuerblatt I 2008, Seite 716, veröffentlicht, ist die "Umsetzung des BFH-Urteils vom 16. November 2006" und der dadurch geänderten Rechtsprechung praktisch noch druckfrisch.

Jahresgrenzbetrag

Anspruch auf Kindergeld besteht unabhängig davon, "ob es sich bei der Erwerbstätigkeit um eine Vollzeiterwerbstätigkeit handelt", wird den Familienkassen vom Bundeszentralamt für Steuern nochmals mitgeteilt.

Wichtig ist allein, dass das Kind während der Erwerbstätigkeit die "gesetzlichen Voraussetzungen eines Berücksichtigungstatbestandes im Sinne des Paragrafen 32 Abs. 4 Satz Nr. 2 Buchst. a bis c EStG erfüllt" und dass seine gesamten Einkünfte und Bezüge den Jahresgrenzbetrag nicht übersteigen.

"In diesen Fällen ist daher ab sofort und entsprechend der Gesetzessystematik für jeden Kalendermonat, für den ein Anspruch auf Kindergeld geltend gemacht wird, zunächst zu prüfen, ob trotz der Erwerbstätigkeit mindestens an einem Tag im Kalendermonat die Tatbestandsmerkmale" für den Kindergeldanspruch vorliegen, weist das Bundeszentralamt für Steuern an. Wenn dann im Anspruchszeitraum die Einkünfte und Bezüge den Grenzbetrag nicht übersteigen, besteht Anspruch auf Kindergeld – unabhängig davon, ob für wenig Geld ganztags oder nur stundenweise gearbeitet wurde.

Klar ist mit dieser Anweisung des Bundeszentralamtes für Steuern, dass ein Kindergeldanspruch trotz Erwerbstätigkeit volljähriger Kinder nur dann besteht, wenn es für den Filius nach den Bestimmungen des Einkommenssteuergesetzes ohnehin Kindergeld gebe – ob er nun jobbt oder nicht.

Spezielle Merkmale

Was aber sind die "Tatbestandsmerkmale"? Festgeschrieben sind diese im Einkommenssteuergesetz Paragraf 32 "Kinder, Freibeträge für Kinder" unter Absatz 4. Danach wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt, wenn es

1. noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder

2. noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und

a) für einen Beruf ausgebildet wird oder

b) sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehroder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach Paragraf 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder

c) eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.

Ausbildung

Für ein vollbeschäftigtes Kind, das nach regulärer Berufsausbildung nur Arbeit zum Mini-Lohn findet und den Jahresgrenzbetrag von 7680 Euro nicht überschreitet, bestand und besteht auch nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes kein Anspruch auf Kindergeld. Denn Grundvoraussetzung dafür ist, dass es eine Ausbildung absolviert, sich in einer Übergangszeit von vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet oder eine Ausbildungsstelle sucht. (goe)