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Mediziner aus Magdeburg zu Ursachen und Therapien von Atemwegsinfektionen Antibiotika nicht immer notwendig

Infektionskrankheiten zählen weltweit zu den häufigsten
lebensbedrohenden Krankheiten. Über Vorsorge- und Therapiemöglichkeiten
in Sachsen-Anhalt klärten Mediziner des Uniklinikums auf.

Von Uwe Seidenfaden 24.02.2014, 02:24

Magdeburg l Al Capone ist vermutlich der bekannteste Unterweltboss des 20. Jahrhunderts. Er starb im Alter von nur 48 Jahren. Angesichts seines gefährlichen Lebensstils möchte man vermuten, dass er im Kugelhagel der Polizei oder konkurrierender Gangsterbanden umkam. Doch falsch geraten. Tatsächlich endete das Leben Al Capones in einem Krankenbett in Florida. Eine Lungenentzündung hatte den einstigen "Staatsfeind Nr. 1" der USA dahingerafft.

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hinein starben auch hierzulande die mit Abstand meisten Menschen an Infektionskrankheiten, zum Beispiel an Lungen-, Wundhaut- und Harnwegsentzündungen, an Diphterie oder Tuberkulose. Unter den Opfern waren unter anderem so bekannte Persönlichkeiten wie der Walzer-Komponist Johann Strauss, der französische Maler Paul Cézanne oder der russische Schriftsteller Anton Pawlowitsch Tschechow, - vor allem jedoch Menschen aus dem Proletariat. Deren durchschnittliche Lebenserwartung betrug bisweilen weniger als 40 Jahre.

Die medizinischen Erfolge des 20. Jahrhunderts

Manch älterer Magdeburger denkt vermutlich noch daran, dass die Lungenklinik Lostau bei Magdeburg vor allem wegen der Vielzahl von Tuberkulose-Patienten in unserer Region gegründet wurde.

In seinem Vortrag erinnerte Professor Jens Schreiber, Chefarzt des Fachbereiches Pneumologie am Uniklinikum Magdeburg, daran, dass erst durch den Einsatz von Antibiotika ab den 1940er Jahren und den Massen-Schutzimpfungen gegen so gefährliche Erreger wie die Pocken, Kinderlähmung, Hirnhautentzündungen, Tetanus u.v.m. die zuvor meist tödlichen Infektionskrankheiten deutlich zurückgedrängt wurden.

Leider gilt das nicht für alle Regionen der Welt. In vielen südlich gelegenen Ländern -insbesondere dort, wo die Armut und Hunger groß sind und wo kein funktionierendes, staatliches Gesundheitssystem existiert - zählen Infektionskrankheiten nach wie vor zu den häufigsten Todesursachen, so Professor Dirk Schlüter vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene der Uni Magdeburg.

Wenngleich derzeit in Sachsen-Anhalt kein Anlass für Masseninfektionen durch schwer zu behandelnde bakterielle und virale Krankheitserreger besteht, ist das keine Garantie dafür, dass es auch in der weiteren Zukunft so bleiben wird. Veränderungen im Erbgut der Bakterien und Viren können nämlich jederzeit dazu führen, dass bislang noch wirksame Medikamente künftig nicht mehr helfen werden.

Um zukünftige, weltweite Seuchen zu vermeiden, verfolgen Mediziner in Deutschland und den europäischen Nachbarstaaten eine Mehrfachstrategie:

1. Strenge Hygiene- und Quarantänevorschriften im Umgang mit Infektionskrankheiten

2. Einen durch Ärzte kontrollierten Einsatz von Antibiotika und

3. Vorbeugungsimpfungen, die alljährlich ein Expertengremium aus Medizinern am Berliner Robert-Koch-Institut (STIKO) aktualisiert. Nicht jeder Schnupfen und Husten ist so gefährlich, dass sogleich Antibiotika notwendig sind. Oftmals helfen auch Erkältungstees oder Inhalationen mit ätherischen Ölen. Die Notwendigkeit von Antibiotika bewerten Ärzte u.a. abhängig von Art und Schweregrad der Symptome, dem Alter eines Patienten und seinen Vorerkrankungen.

Einen hundertprozentigen Schutz gibt es nicht

Eher notwendig sind Antibiotika bei Patienten mit einem geschwächten Immunsystem (z.B. Diabetiker, Patienten mit chronischer Bronchitis, COPD, einer Herzschwäche, einer HIV-Infektion oder einer Tumorerkrankung). Hält der Arzt die Einnahme von Antibiotika für erforderlich, ist es wichtig, sie nach dem vom Arzt vorgegebenen Zeitplan einzunehmen. Nur dadurch wird gewährleistet, dass rund um die Uhr die Krankheitserreger bekämpft werden und die Bakterien sich nicht wieder vermehren können. Senioren (genaue Altersgrenzen gibt es nicht), chronisch Kranke sowie Personen, deren Beruf den Umgang mit älteren, chronisch kranken Menschen und Kleinkindern umfasst, empfehlen die Referenten regelmäßige Schutzimpfungen vor Grippe und Lungenentzündungs-Keimen. Auch wenn die Impfungen keinen hundertprozentigen Schutz vor allen Keimen bieten, so können sie doch die tödliche Gefahr durch saisonal immer wieder neue Kombinationen und durch die in der Atemluft übertragbarer Viren verringern, so Professor Schreiber.

Der nächste Medizinische Sonntag zum Thema Magenschmerzen findet am 30. März statt. Die Vorträge vom Sonntag können Interessierte ab sofort im Internet ansehen:

www.med.uni-magdeburg.de/medizinischer_sonntag