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Kindererziehung Glücklich bei den Großeltern

Oft fällt es gar nicht so leicht, das Baby zum ersten Mal für ein paar
Stunden in die Obhut der Großeltern zu geben. Planen Eltern die
Betreuung jedoch peu à peu, fällt das deutlich leichter.

14.04.2014, 01:28

Düsseldorf (dpa) l Es klingt wie die einfachste Sache der Welt: "Jetzt passe ich ein paar Stunden auf den Kleinen auf, und du unternimmst mal wieder allein etwas", bietet die Großmutter an. Doch vor allem Mütter können die kinderfreie Zeit oft nicht genießen. "Die Sehnsucht nach dem Kind ist ein ganz natürliches Gefühl und Ausdruck der engen Bindung", sagt Nathalie Ries, Beraterin bei Kinderblick, einer Elternberatung in Düsseldorf.

Ihr Rat: "Nichts überstürzen, sondern auf das Bauchgefühl vertrauen. Mütter haben in der Regel ein sehr gutes Gespür dafür, was sie sich und ihrem Kind zumuten können." Das gelte auch für die Frage, wann das Baby oder Kleinkind zum ersten Mal allein bei Oma oder Opa bleibt. Denn der passende Zeitpunkt hängt von vielen Faktoren ab: Wie gut kennt das Kind die Großeltern? Wird das Kind gestillt? Fremdelt es vielleicht gerade sehr stark?

Am wichtigsten bei der Entscheidung, ab wann das Kind allein in der Obhut der Großeltern bleiben kann, sei die eigene Einstellung, sagt Uwe Weiland, Familientherapeut bei der Katholischen Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Köln. Eltern müssten sich fragen: "Was habe ich für eine Haltung gegenüber den Eltern oder Schwiegereltern?" Wer sich unsicher sei, ob es seinem Kind bei Oma und Opa gut geht, lasse das auch das Kind spüren: "Kinder haben dafür eine Antenne", sagt der Sozialpädagoge.

Je besser die Vorbereitung, umso größer ist die Chance, dass die Exklusiv-Zeit mit Oma und Opa gelingt. "Die Kinder müssen eine Vertrauensbeziehung zu den Großeltern entwickeln", sagt Diplom-Psychologin Antje Kräuter aus Chemnitz. Das gelinge meist schneller, wenn sie in der Nähe wohnen, als wenn sich die Familie nur zweimal im Jahr trifft, sagt die Psychotherapeutin. Kräuter berät Eltern von Säuglingen und Kleinkindern.

"Die Voraussetzungen, dass ein Kind die Großeltern als Bezugsperson akzeptiert, sind meist gut", ist die Erfahrung von Elternberaterin Ries. Denn Eltern und Großeltern haben oft unbewusst ganz ähnliche Verhaltensweisen, tragen oder füttern das Kind auf gleiche Weise, haben vielleicht sogar eine ähnliche Stimmlage. "Das sorgt für Vertrautheit."

Ans Alleinsein mit Oma und Opa gewöhnt sich das Kind trotzdem am besten ganz allmählich: "Anfangs verlassen die Eltern nur für ein paar Minuten den Raum, dann verlängern sie schrittweise den Zeitraum, bis das Kind die Großeltern als Bezugspersonen akzeptiert", sagt Ries. Nächster Schritt sind dann ein, zwei Stunden allein mit den Großeltern, und erst wenn das gut klappe, könne man darüber nachdenken, das Kind auch mal über Nacht bei Oma und Opa zu lassen.

Die Eingewöhnungszeit tut nicht nur dem Kind gut: "Großeltern müssen sich an ihre neue Rolle gewöhnen", gibt Familientherapeut Weiland zu bedenken. Das beinhaltet auch die Einsicht: "Es ist nicht mein Kind, und ich spreche den Eltern die Erziehungskompetenz zu." Manche Großeltern setzen sich zu sehr unter Druck. "Es geht nicht darum, sich als der Meister der Kinderbetreuung zu präsentieren", sagt Weiland.

Wichtig sind konkrete Absprachen: Wann und wie wird gefüttert? Wann ist Schlafenszeit? Darf der Fernseher laufen? Welche Rituale ist das Kind gewohnt? "Dass manche Kinder im Tragetuch besser einschlafen oder dass viele Stillkinder am Abend noch einmal munter werden und dann erst mit den Erwachsenen ins Bett gehen, kennen viele Großeltern aus ihrer Zeit als Eltern nicht", ist die Erfahrung von Antje Kräuter.

Wenn die Eltern sie aber darüber informieren, sind sie meistens bereit, diese Rituale zu übernehmen. Den Kindern tut es gut, wenn sich gegenüber ihren gewohnten Abläufen so wenig wie möglich ändert. Das Lieblingskuscheltier zum Beispiel sollte immer greifbar sein: "Das sind Brücken, um die Zeit besser auszuhalten", sagt Elternberaterin Ries. Denn Babys können mit dem Satz "In zwei Stunden ist die Mama wieder da" noch nichts anfangen.

So gut die Vorbereitung auch war: Das Leben mit Kindern ist unberechenbar, und deshalb kann auch ein Kind, das Oma und Opa eigentlich gut kennt, plötzlich untröstlich zu weinen anfangen. Oder husten und fiebern. "Gerade wenn die Kinder noch sehr klein sind, fahren die Eltern am besten nicht zu weit weg, damit sie im Notfall schnell nach Hause kommen können", rät Kräuter.

Die Großeltern wiederum sollten die telefonische Nachfrage "Klappt alles und geht es euch gut?" nicht als Kontrolle verstehen, sondern als Chance, mögliche Probleme schnell zu lösen. Und auch wenn es etwas Geduld erfordert: Das Vertrauensverhältnis zwischen Kind und Großeltern langsam aufzubauen, lohne sich, sagt Familientherapeut Uwe Weiland: "Auf diese Weise können sich sehr sichere Bindungen entwickeln.