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Am 29. September ist Welt-Herz-Tag Wenn es hinter dem Brustbein drückt

Das Ignorieren von Warnzeichen eines Herzinfarkts kostet jährlich mehr als 50000 Menschen in Deutschland das Leben. Darunter sind überdurchschnittlich viele Sachsen-Anhalter. Am Montag ist Welt-Herz-Tag.

Von Uwe Seidenfaden und Elisa Sowieja 27.09.2014, 01:10

Magdeburg l Stundenlang plagten eine 62-jährige Stendalerin drückende Schmerzen in der linken Schulter und im Rücken. In der Nacht fiel es ihr schwer, ruhig im Bett zu schlafen. Mehrfach wachte sie schweißgebadet auf. Kein Wunder, dass sie sich tagsüber matt fühlt, dachte sie sich und ignorierte die Warnsymptome. Bis sie plötzlich in ihrer Wohnung bewusstlos zusammenbrach. Als der Notarzt eintraf, konnte er nur noch den Tod der Frau feststellen. Sie starb an einem Herzinfarkt.

In Sachsen-Anhalt zählt der Herzinfarkt zu den häufigsten Todesursachen. Zum Infarkt kommt es oftmals durch einen Verschluss in den Herzkranzgefäßen (Koronararterien). Das Herzmuskelgewebe wird dadurch nicht mehr ausreichend durchblutet und stirbt ab. Der dadurch bedingte Verlust der Pumpfunktion führt zu einer Unterbrechung des Blutkreislaufs. Organe, inklusive des Gehirns, werden nicht mehr mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Es kommt zur Bewusstlosigkeit. Wird die Unterbrechung des Blutkreislaufs nicht schnell behoben, tritt der Tod ein.

In den ersten zwei Stunden gute Überlebenschancen

Nach einem Herzinfarkt entscheidet besonders die Zeit bis zur Behandlung auf Leben und Tod. "In den ersten zwei Stunden stehen die Überlebenschancen recht gut", sagt Professor Rüdiger Braun-Dullaeus, Kardiologie-Chef im Magdeburger Universitätsklinikum. "Allerdings kommen in dieser Zeit nur 40 Prozent der Patienten ins Krankenhaus."

"Der deutlichste Hinweis ist ein Druckgefühl hinter dem Brustbein, das man länger als fünf Minuten spürt und das in den Kiefer, linken Arm oder Bauch ausstrahlt. Wenn man zudem merkt, dass etwas mit dem Körper nicht stimmt - einem etwa übel ist oder man schwitzt -, deutet alles auf einen Herzinfarkt hin," so der Magdeburger Herzspezialist.

Das Problem: Etwa die Hälfte der Menschen mit einem akuten Herzinfarkt hatte zuvor keines der genannten Symptome. Insbesondere Frauen jenseits der Menopause haben oftmals nicht den typischen Brustschmerz bei einem drohenden Herzgefäßverschluss. Sie nennen eher untypische Warnsymptome wie Druckschmerzen im Oberbauch, Nacken- und Rückenschmerzen oder eine leichte Übelkeit. Auch eine blasse Gesichtsfarbe, die blaurote Verfärbung der Lippen oder Schmerzen im Zahnkiefer können mitunter ein Hinweis auf eine Gefäßverengung am Herzen sein. Deshalb sollten Patienten den Arzt auch auf solche Symptome hinweisen.

Dank der modernen Herzmedizin liegen die Überlebenschancen sehr viel höher als noch vor 30 Jahren. "Früher verstarb jeder vierte Herzinfarkt-Patient, bevor er das Krankenhaus erreichte, in der Klinik ein weiteres Viertel. Heute liegt die Sterblichkeit in den Kliniken nur noch bei fünf Prozent", so Braun-Dullaeus. Denn dank des Linksherzkatheters könne man schneller reagieren - und das verstopfte Herzkranzgefäß wieder öffnen.

Rauchen, Bluthochdruck und Diabetes als Risiko

Patienten mit erblicher Vorbelastung (d.h. nahe Angehörige hatten auch einen Herzinfarkt), erhöhtem Alter (über 50), Diabetes, Bluthochdruck, Rauchen, hohen Cholesterinwerten und Übergewicht haben ein besonders hohes Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. Diese Patienten sollten ihr individuelles Infarktrisiko beim Hausarzt oder Internisten und gegebenenfalls beim Kardiologen überprüfen lassen. Das gilt ebenso für Menschen, die bei körperlichen Belastungen ein Druck- und Engegefühl in der Brust bekommen.

Um festzustellen, ob dem Herz der Infarkt droht, werden Laborwerte bestimmt sowie ein Ruhe- und ein Belastungs-EKG geschrieben. Weiterführende diagnostische Verfahren sind u.a. Ultraschalluntersuchungen (Echokardiografie) und der Herzkatheter. Letzteres ist ein dünner Schlauch, der von der Leistengegend aus durch die Adern bis zum Herz geschoben wird, und mit dem Engstellen an den Herzkranzgefäßen mit einem Kontrastmittel direkt sichtbar gemacht werden können.

Im Fall einer Bewusstlosigkeit durch einen mutmaßlichen Herzinfarkt sollten dabeistehende Laien neben dem Absetzen des Notrufs 112 umgehend mit der Herzdruckmassage beginnen. Ängste vor Rippenbrüchen im Zuge der Herzdruckmassage sind aus Sicht der Notfallmediziner unbegründet. Auch wenn kein Herzstillstand vorliegt, kann eine Herzdruckmassage keinen größeren Schaden anrichten. Es ist in jedem Fall besser, als bei einem Herzinfarkt nichts zu tun.

Zettel mit Medikamenten immer bei sich tragen

Außerdem sollten Risikopatienten immer einen Zettel bei sich tragen, auf dem der eigene Name, die eingenommenen Medikamente sowie eventuell bestehende Medikamenten-Unverträglichkeiten und Allergien stehen. Hilfreich für die Ärzte in der Notversorgung ist es auch, wenn der Name und die Telefonnummer des Hausarztes aufgeschrieben werden.

Einen Herzrisikotest bietet die Deutsche Herzstiftung im Internet an unter www.herzstiftung.de/Herzinfarkt-Risiko-Test.php.