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Schwarzer Tee Erst der Kandis, dann die Sahne

29.11.2014, 01:00

In unserer Genuss-Serie zum Advent geht es heute um die stilvolle Art, schwarzen Tee zu trinken. Besonders gut können das in Deutschland die Ostfriesen, die für ihre Teekultur bekannt sind. Volksstimme-Autorin Kerstin Singer erzählt von den Profi-Tipps ihrer ostfriesischen Schwiegermutter.

Magdeburg/Stendal/Leer (ksi) l 15.30 Uhr in Ostfriesland: Meine Schwiegermutter wirft den Wasserkocher an, denn es ist gleich "Teetied" (Teezeit). Doch Schwarzen Tee gibt es eigentlich den ganzen Tag, vor allem dann, wenn jemand vorbeikommt und sei es der Handwerker.

Auf den Tisch kommen dann: kleine dünnwandige Teetassen, kleine silberne Teelöffel, Kluntje (weißer Kandis), ein Milchkännchen mit Sahne sowie buttrige Kekse. Dann muss das Wasser sprudelnd kochen. Mit dem ersten Schluck wird die Kanne heiß ausgespült, dann ist sie schon mal angewärmt. Das Wasser wieder rausschütten und dann einen Teelöffel schwarzen Tee rein.

Der darf dann etwa fünf Minuten ziehen, dann wird die Kanne mit sprudelnd kochendem Wasser ganz aufgefüllt und aufs Stövchen gestellt.

Jetzt nimmt sich jeder ein Stück Kandis, legt es in die Tasse, darauf wird der Tee eingeschenkt. Mit einer winzigen Kelle macht, wer mag, noch ein paar Tröpfchen Sahne hinein, die sich dann blumenartig entfaltet. Umrühren ist nicht erlaubt. Das Tässchen ist schnell ausgetrunken, es folgt sogleich das nächste, mindestens drei Tassen müssen es sein. "Denn drei Tassen sind Ostfriesenrecht", sagt meine Schwiegermutter und die muss es ja wissen. Für Auswärtige wichtig zu wissen: Nachgeschenkt wird so lange bis man seinen Teelöffel in die leere Tasse legt.

In Sachsen-Anhalt ist das Wasser leider deutlich härter als in Ostfriesland. "Deshalb empfiehlt es sich, einen Wasserfilter zu verwenden", rät Ilona Schleef, Mitarbeiterin im Gewürz- und Teehaus in Stendal. Gerade kräftige Ostfriesen-Mischungen bekommen sonst eine schlammige Farbe und werden schnell bitter. Den Ostfriesen wird übrigens nachgesagt, dass sie nie ohne einen Kanister mit ostfriesischem Wasser auf Reisen gehen, um immer gutes Teewasser dabei zu haben.

Bei der Kanne schwören Ostfriesen auf Porzellan oder Metall. Besonders beliebt sind die Edelstahlkannen von der holländischen Firma Bredemeijer, die doppelwandig sind und daher länger warmhalten.

Ganz traditionell ist das Porzellanservice mit der Ostfriesenrose. Auf jeden Fall sind die Tassen deutlich kleiner als die herkömmlichen Teetassen, dafür sind die Kluntje-Stücke umso größer. Beim Tee muss es der kräftige Ostfriesentee sein, der meist aus Assam- und Ceylon-Blättern zu einer kräftigen Mischung zusammengestellt wird.

Die wichtigsten Hersteller sind Bünting, Thiele oder Onno Behrends.

Aber auch andere Hersteller haben Ostfriesen-Mischungen im Sortiment. "Lässt man den Tee drei Minuten ziehen, wirkt er anregend, bei fünf Minuten eher beruhigend", erklärt Ilona Schleef. Sie verkauft auch leichte, blumige Darjeelings und natürlich aromatisierte Schwarztees in den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen. Da gibt es geschmacklich so gut wie keine Grenzen.

In Teefach-Geschäften können die verschiedenen Sorten oft verkostet werden. Denn ob es ein blumiger Darjeeling, ein malziger Assam, ein kräftiger Ceylon oder doch die klassische Ostfriesenmischung wird, entscheidet der individuelle Geschmack. Es ist ratsam, erst einmal eine kleine Menge zu kaufen und zu Hause auszuprobieren.

Die Teestunde ist nichts für Hektiker, diese sollten lieber zum schnellen Espresso greifen. Denn Tee braucht Zeit und Muße.