1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Wer Leistungen besser nutzt, kann auch ohne Kassenwechsel sparen

" Finanztest " hat 104 gesetzliche Krankenkassen geprüft Wer Leistungen besser nutzt, kann auch ohne Kassenwechsel sparen

20.05.2010, 04:49

Etwa jedes sechste Kassenmitglied zahlt bereits einen Zusatzbeitrag. Auch diejenigen, die momentan noch davon verschont sind, werden möglicherweise im Laufe des Jahres oder im nächsten Jahr zur Kasse gebeten. Sie dürfen bis zu 1 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens ihrer Mitglieder verlangen. Das können zurzeit bis zu 450 Euro im Jahr sein. Darauf weist die Zeitschrift " Finanztest " in ihrer aktuellen Ausgabe hin.

Berlin ( rgm ). Menschen mit monatlichen Einkünften unter 800 Euro zahlen bei neun der zwölf Kassen mit Zusatzbeitrag sogar mehr als 1 Prozent ihres Einkommens. Denn BKK advita, BKK Gesundheit, BKK Phoenix, City BKK, DAK, Deutsche BKK, Esso BKK, KKH-Allianz und Novitas BKK verlangen pauschal 8 Euro im Monat. Das dürfen sie, ohne das Einkommen ihrer Mitglieder zu prüfen. So zahlen auch Studierende bei diesen Kassen nun 61, 40 Euro im Monat statt 53, 40 Euro.

Die BKK Westfalen-Lippe verlangt 1 Prozent, begrenzt aber ihren Zusatzbeitrag auf 12 Euro im Monat. Schlecht für Gutverdiener ist dagegen der Zusatzbeitrag bei der BKK für Heilberufe und der Gemeinsamen BKK Köln. Sie berechnen tatsächlich 1 Prozent. Allerdings werden Einkünfte nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt : Wer mehr als 3750 Euro brutto im Monat verdient, zahlt deshalb trotzdem nicht mehr als 37, 50 Euro.

Neben den Zusatzbeiträgen hat " Finanztest " im aktuellen Test von 104 Krankenkassen in der Juni-Ausgabe auch Service und Leistungen unter die Lupe genommen. Service fängt für viele damit an, einen persönlichen Ansprechpartner bei der Kasse zu haben. Am besten jemanden, mit dem man sich zusammensetzen und ein Formular ausfüllen oder dem man Fragen stellen kann. Wer darauf Wert legt, braucht eine Geschäftsstelle seiner Kasse in der Nähe.

Die größte Chance, diese zu finden, haben AOK-Versicherte. Die Ortskrankenkassen bieten mit bundesweit 1476 Geschäftsstellen das dichteste Servicenetz, gefolgt von der Barmer GEK mit 1090 Geschäftsstellen im gesamten Bundesgebiet. Die DAK unterhält stattliche 829 und die Techniker Krankenkasse ( TK ) 235 Geschäftsstellen im Bundesgebiet.

Die meisten Kassen bieten so viel Kundennähe nicht flächendeckend. In dem Test gibt es sogar neun bundesweit geöffnete Kassen, die nur eine einzige Geschäftsstelle für alle Versicherten betreiben, zum Beispiel die Big direkt gesund oder die Securvita BKK.

Wenn ich nicht zur Kasse gehen kann, kommt die Kasse zu mir – diesen besonderen

Service kennen die meisten gar nicht. Dabei bieten 34 der 104 Kassen in dem Test dies in ihrem gesamten Tätigkeitsgebiet an. Ist jemand zum Beispiel nicht mobil oder kann aus zeitlichen Gründen nicht in die Geschäftsstelle kommen, machen Berater der Kasse Hausbesuche.

Sieben Kassen aus der Untersuchung bieten ein Maximum an Service : Sie sind sieben Tage die Woche erreichbar, für medizinische Fragen sogar rund um die Uhr, sie machen flächendeckend Hausbesuche und vermitteln ihren Versicherten auf Wunsch Termine bei Fachärzten. Darunter sind drei Kassen, die bereits einen Zusatzbeitrag erheben : DAK, KKH-Allianz und Novitas BKK. Noch ohne Zusatzbeitrag bieten den Rundumservice die AOK Berlin-Brandenburg, AOK Rheinland / Hamburg, Bergische und TK.

Ähnlich wichtig wie der Service sind die Leistungen. Unterschiede zwischen den Kassen können unabhängig vom Einkommen mehrere hundert Euro im Jahr ausmachen. Deswegen kann es sich trotz Zusatzbeitrag lohnen, in seiner Kasse zu bleiben, schreibt " Finanztest ".

Die medizinischen Leistungen sind zwar einheitlich geregelt. Die Kassen dürfen aber in einigen Punkten mehr zahlen, als das Gesetz vorschreibt. Bietet eine Kasse nur den gesetzlichen Standard, tragen Versicherte die Kosten für bestimmte Leistungen privat – falls sie es sich leisten können. Was das in Euro bedeuten kann, zeigt das Beispiel Haushaltshilfe. Kann eine Mutter Haushalt und Kinder nicht versorgen, weil sie durch einen Bandscheibenvorfall bewegungsunfähig zu Hause liegt, muss die Kasse normalerweise nicht für eine Haushaltshilfe zahlen. Kommt für zwei Wochen fünf Stunden täglich eine Hilfe ins Haus, kostet das bei 10 Euro Stundenlohn 700 Euro.

Es gibt jedoch Kassen, die eine Haushaltshilfe bezuschussen. Fast alle AOKs und etliche weitere Kassen tun dies sogar bei Patienten, die gar keine Kinder zu versorgen haben. Auch Kassen mit Zusatzbeitrag : Esso BKK, BKK advita, City BKK und BKK Phoenix, bieten das, die BKK Phoenix allerdings nur für höchstens sieben Tage je Krankheitsfall.

Ein großes Loch in die Familienkasse reißen auch Schutzimpfungen für Urlaubsreisen. Die Impfung gegen Hepatitis A und B wird selbst für Reiseziele wie Süditalien oder die Türkei empfohlen. Pro Person kosten die Spritzen rund 230 Euro. Drei Viertel der Kassen übernehmen die Kosten ganz oder teilweise. Von den Kassen mit Zusatzbeitrag bietet nur die BKK Westfalen-Lippe keine Reiseimpfungen, die KKH-Allianz streicht die Leistung zum 1. Juli.

Die Stiftung Warentest bietet im Internet unter einem Produktfinder gesetzliche Krankenkassen an, mit dem Menschen in verschiedenen Lebenssituationen passende Kassen finden können. Sie können gezielt nach bestimmten Leistungen oder Serviceangeboten suchen oder ihre Kasse mit anderen vergleichen. Wer gut über die eigene Kasse informiert ist, kann das Angebot besser nutzen und so auch ohne Kassenwechsel Geld sparen.
www. test. de / krankenkassen

• Wechsel : Kündigen Sie nur, wenn Sie unzufrieden mit Service und Leistungen Ihrer Kasse sind. Schauen Sie nicht allein auf den Zusatzbeitrag. Jedes Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung darf seine Kasse wechseln. Die neue Kasse darf ihn nicht ablehnen, auch wenn er alt oder krank ist.

• Leistungen : Sparen Sie, indem Sie die Leistungen Ihrer Kasse besser nutzen. Manche sind mehrere hundert Euro im Jahr wert, und guter Service ist unbezahlbar. Oft können Sie Zuschüsse für Gesundheitskurse oder Reiseimpfungen erhalten. Manche Kassen bieten finanzielle Vorteile, wenn Sie an Behandlungsprogrammen teilnehmen.

• Zukunft : Wenn Sie wegen eines bestimmten Extras wechseln wollen, fragen Sie vorher noch einmal bei der Kasse nach, ob sie vorhat, dieses Angebot beizubehalten. Immer wieder schließen sich mehrere Krankenkassen zu einer neuen Kasse zusammen. Solche Fusionen können dazu führen, dass Leistungen wegfallen. Auch ohne Fusion dürfen die Kassen Zusatzleistungen streichen.

• Wahltarife : Binden Sie sich jetzt nicht mit einem Wahltarif für drei Jahre an eine Kasse. Gemeint sind zum Beispiel Selbstbehalttarife oder Tarife mit Beitragsrückzahlung für Leistungsverzicht. Sie können dann nicht kündigen, selbst wenn die Kasse einen Zusatzbeitrag erhebt oder Leistungen streicht.