1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Technik
  6. >
  7. Roaminggebühren fallen 2017 weg

Telefonie Roaminggebühren fallen 2017 weg

Dank Roaming-Aufschlägen kostet ein Plausch im Urlaubsland mehr als daheim. Das soll ein Ende finden, jedenfalls zum Großteil.

27.10.2015, 23:01

Straßburg (dpa) l Urlauber und Gelegenheitsreisende müssen ab Mitte 2017 keine Extragebühren für die Handynutzung im EU-Ausland mehr zahlen. Das hat das Europaparlament in Straßburg am Dienstag beschlossen. Die Roaming-Gebühren fallen damit am 15. Juni 2017 weg. Das Parlament hat auch neue Regeln zur Steuerung des zunehmenden Datenverkehrs im Internet beschlossen. Kritiker fürchten eine Einschränkung der Netzneutralität durch schwammige Formulierungen.

Gibt es ab dem 15. Juni 2017 keine Roaming-Aufschläge mehr?

Ja und nein. Wer etwa ein Freikontingent an Telefonminuten, SMS oder Daten hat, kann diese dann im EU-Ausland genauso nutzen wie zu Hause. Sogenanntes „permanentes Roaming“ ist aber unerwünscht. Dabei würden sich Kunden ihre SIM-Karte für das Handy im günstigeren Ausland kaufen, sie aber daheim nutzen.

Dies könnte nach Darstellung der EU-Kommission die Telekom-Märkte der EU-Staaten mit ihren unterschiedlichen Kostenstrukturen aus dem Lot bringen. Um so etwas zu verhindern, dürfen Anbieter beim Erreichen bestimmter Mengen an Anrufen, SMS oder Daten Aufschläge erheben. Wie hoch diese ausfallen, ist noch unklar – sie sollen aber deutlich unter den derzeitigen Obergrenzen liegen. Die EU-Kommission soll Einzelheiten ausarbeiten.

Sinken die Gebühren schon vor dem Sommer 2017?

In einem Zwischenschritt sollen die Roaming-Kosten am 30. April 2016 weiter fallen. Statt derzeit geltender Obergrenzen für den Endkunden-Preis (ohne Mehrwertsteuer) gäbe es dann maximale Aufschläge auf den Heimtarif. Dann dürfen Telefonate aus dem EU-Ausland nur noch 5 Cent pro Minute zusätzlich kosten, bei SMS sind es 2 Cent, und beim Surfen darf jedes Megabyte an Daten mit höchstens 5 Cent extra zu Buche schlagen.

Hinzu kommt noch die Mehrwertsteuer. Damit liegt der maximale Gesamtpreis nach früheren Angaben der EU-Kommission immer noch unter den derzeit geltenden Preis-Obergrenzen von höchstens 19 Cent für abgehende Anrufe, 6 Cent pro SMS und 20 Cent pro Megabyte Daten (plus Mehrwertsteuer).

Das Parlament hat Regeln zur Netzneutralität beschlossen. Was versteht man unter Netzneutralität?

Netzneutralität bedeutet, dass Internet-Anbieter alle Datenpakete gleichberechtigt durch ihre Leitungen schicken, egal woher sie stammen oder welchen Inhalt sie haben. Da die Datenmenge ständig wächst, steigt damit auch die Gefahr von Staus im Netz. Deshalb wurde diskutiert, ob in Sonderfällen nicht doch manche Internetdienste Vorfahrt bekommen sollten.

Wie wird die Netzneutralität in Europa nun geregelt?

Niemand soll sich seine Vorfahrt im Internet erkaufen dürfen, legt die Verordnung fest. Allerdings wird in dem Papier der Begriff der „Spezialdienste“ eingeführt, der das Prinzip der Netzneutralität aushebeln könnte.

Die Rede ist von Diensten wie der Telemedizin oder dem Fernsehen im Internet. Diese Dienste sollen nur angeboten werden, wenn es genügend Kapazität gibt. Sie dürfen aber privilegiert behandelt werden. Die Ausnahme von der Regel soll dafür sorgen, dass beim Video-Streaming das Bild nicht ruckelt oder bei einer Telemedizin-Anwendung das Bild während einer Operation nicht unscharf wird – nur weil gerade nicht genügend Bandbreite zur Verfügung steht.

Warum ist das alles so umstritten?

Kritiker fürchten, dass die Netzneutralität durch vage Formulierungen praktisch abgeschafft wird. Vor der Abstimmung hatten mehr als 30 führende Startups, Internetunternehmen und Investoren aus Europa und den USA Änderungen der Pläne gefordert.

Die Kritiker befürchten, dass die Entwicklung innovativer Dienste behindert wird, wenn Internet-Provider bezahlpflichtige „Überholspuren“ für bestimmte Daten einrichten und andere Dienste ausbremsen dürfen. Pilar del Castillo von der spanischen konservativen Partei PP rechtfertigte die Ausnahmen mit dem Argument, dadurch würden innovative Dienste erst möglich.

Welchen Spielraum haben die Provider beim Management ihrer Netze?

Wenn das Netz tatsächlich überlastet ist, dürfen die Provider ohnehin steuernd eingreifen und beispielsweise dafür sorgen, dass Notrufnummern noch erreichbar sind. Die Vorfahrt für bestimmte Dienste wird in der Verordnung allerdings schon dann erlaubt, wenn eine Netzüberlastung noch gar nicht eingetreten ist. Web-Erfinder Berners-Lee befürchtet, dass auf dieser Grundlage beispielsweise alle verschlüsselten Datenströme in eine Kategorie gepackt und und dann gedrosselt werden.