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Volksstimme-Telefonforum zu Fragen der Gesundheitsreform "Anfangs werden die Kassen noch keine Zusatzbeiträge verlangen"

05.03.2008, 04:56

Ist ein Kassenwechsel vor Einführung des Fonds sinnvoll ? Welche Wahltarife gibt es bei den gesetzlichen Kassen ? Und für wen lohnt sich welcher Tarif ? Diese und andere Fragen beantworteten gestern am Volksstimme-Ratgebertelefon Reiko Lauffer vom Verband der privaten Krankenversicherung sowie Susan Heimlich und Dennis Adam von der AOK Sachsen-Anhalt. Hier eine Auswahl der Fragen und Antworten.

Frage : Ich bin als Selbstständiger Mitglied der AOK. Allerdings ist mein Einkommen sehr bescheiden. Wie viel Beitrag muss ich mindestens zahlen ?

Antwort : Rund 205 Euro im Monat – einschließlich Pfl egeversicherung. Das gilt aber nur für wirkliche Härtefälle, die der Gesetzgeber bei einem monatlichen Brutto von 1242, 50 Euro angesetzt hat. Das müssen Sie allerdings nachweisen. Dabei wird wie bei allen freiwillig Versicherten Ihre gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt, einschließlich der Einkommen der Haushaltsmitglieder. Am besten, Sie machen einen Termin mit Ihrem Kundencenter.

Frage : Was muss man sich unter dem Gesundheitsfonds vorstellen ?

Antwort : Durch den Fonds bekommen alle Kassen vom Gesetzgeber ab 2009 den gleichen Beitragssatz verordnet. Die Kassen führen die Beitragseinnahmen an den zentralen Fonds ab. Dort werden auch Steuerzuschüsse eingespeist. Aus dem Topf bekommen die Kassen nach einem komplizierten Schlüssel ihre Mittel zugeteilt. Wer damit nicht auskommt, muss einen Zusatzbeitrag von seinen Mitgliedern verlangen. Wie hoch der einheitliche Beitragssatz werden wird, ist derzeit offen. Im November 2008 wird der Beitragssatz veröffentlicht, er gilt dann ab Januar 2009.

Frage : Muss man damit rechnen, dass nach Einführung des Gesundheitsfonds im nächsten Jahr Zusatzbeiträge von der Krankenkasse verlangt werden ?

Antwort : Kurzfristig erst einmal nicht – wenn die Regierung sich bei der Festlegung des Einheitsbeitrages an ihre eigenen Gesetze hält. Die AOK geht davon aus, dass sie mit Einführung des Fonds keine Zusatzbeiträge erheben muss. Langfristige Prognosen sind allerdings nicht möglich, weil die Regierung bei der Festlegung des Beitragssatzes auch die Interessen der privaten und öffentlichen Arbeitgeber sowie der Rentenversicherungsträger zur Kenntnis nehmen wird.

Frage : Ändert sich etwas an den Zuschüssen der Rentenversicherung für den Kassenbeitrag von Altersrentnern, wenn der Fonds für die gesetzlichen Kassen eingeführt wird ?

Antwort : Nein, da ändert sich für Sie nichts. Ihr Rentenversicherungsträger übernimmt weiterhin rund 47 Prozent des Beitrages, Sie den Rest. Das gilt für alle gesetzlichen Krankenkassen.

Frage : Ich habe ein günstiges Angebot von einer anderen privaten Krankenversicherung bekommen. Kann ich zu der anderen wechseln und dabei meine Alterungsrückstellungen mitnehmen ?

Antwort : Der Wechsel zu einem anderen Unternehmen ist natürlich möglich. Doch die Alterungsrückstellungen können – zumindest teilweise – erst ab 2009 mitgenommen werden. Bis Ende dieses Jahres lohnt sich also für langjährig privat Versicherte ein Anbieterwechsel kaum, weil die Alterungsrückstellungen komplett beim alten Versichertenkollektiv bleiben.

Frage : Sind die Wahltarife bei allen Krankenkassen gleich ?

Antwort : Nein, nur die grundsätzlichen Inhalte hat der Gesetzgeber vorgeschrieben. Wenig Unterschiede gibt es bei den sogenannten Chronikerprogrammen. Die müssen alle Kassen anbieten, und zwar für Diabetes I und II, Brustkrebs, koronare Herzerkrankung. Wer sich hier als Betroffener einschreibt, kann je nach Kasse beispielsweise die Praxisgebühr erlassen bekommen. Vor allem aber profitiert er von einer gut durchorganisierten und abgestimmten Versorgung.

Die anderen Wahltarife sind etwas für Gesunde, die keine oder nur selten Leistungen beanspruchen. Das gilt etwa für Tarife mit Selbstbehalt oder Beitragsrückerstattung. Zu bedenken ist, dass man außer bei den Tarifen für besondere Versorgungsformen, also etwa die Chronikertarife, bei allen anderen drei Jahre an die Kasse gebunden ist.

Frage : Wegen Zahlungsschwierigkeiten bin ich vor einiger Zeit aus der privaten Krankenversicherung gefl ogen. Kann man mich ablehnen, wenn ich einen neuen Antrag stelle ? Leider bin ich inzwischen Asthmatikerin. Als Rentnerin darf ich von der Gesetzlichen nicht genommen werden.

Antwort : Die Gesetzliche darf ab dem 55. Lebensjahr tatsächlich keine ehemals privat Versicherten mehr aufnehmen. Sie können aber einen Antrag auf den privaten Standardtarif stellen. Den darf keine private Krankenversicherung ablehnen – auch Ihre gesundheitlichen Probleme sind kein Hinderungsgrund. Für die Beitragsberechnung sind lediglich Alter und Geschlecht entscheidend. Eine weitere Besonderheit des Standardtarifs ist, dass der Beitrag auf den durchschnittlichen Höchstbeitrag der gesetzlichen Kassen derzeit etwa 530 Euro monatlich begrenzt ist. Wenn Sie den nachweislich nicht tragen können, kann der Beitrag halbiert oder sogar vom Sozialversicherungsträger übernommen werden.

Frage : Mein Sohn ist seit einem Jahr selbstständig tätig. Allerdings hat er sich nicht um eine Krankenversicherung gekümmert. Was kann er tun ?

Antwort : Er muss sich sputen. Wohin er sich wenden muss, hängt davon ab, wo er zuletzt versichert war. War das eine gesetzliche Kasse, kann er sich bei der zurückmelden. Er wird dort wieder als " Freiwilliger " zurückgenommen, muss aber die seit 1. April 2007 – dem Beginn der Pflicht zur Versicherung bei den Gesetzlichen – ausstehenden Beiträge nachzahlen. Die konkrete Schuld hängt von seinem Einkommen ab. Die Spanne der Monatsbeiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung liegt zwischen 200 und 600 Euro im Monat. Hinzu rechnen muss er fünf Prozent Säumnisgebühr. Als Selbstständiger kann er sich aber auch privat krankenversichern. Hier sind noch keine Nachzahlungen fällig, weil die Pflicht zur Versicherung bei den Privaten erst ab Januar 2009 gilt.

Frage : Unter welchen Umständen kann man sich privat krankenversichern ?

Antwort : Beamte und Selbstständige können ohne Berücksichtigung des Einkommens eine Privatversicherung abschließen. Arbeitnehmer müssen drei Jahre lang ein Gehalt jenseits der Versicherungspfl ichtgrenze verdienen, ehe sie wechseln können. Die Grenze liegt 2008 bei 48 150 Euro im Jahr und wird jährlich angepasst.