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Nur acht Verfahren Zoll deckt kaum Mindestlohn-Verstöße auf

Obwohl es viele Beschwerden über Mindestlohn-Verstöße gibt, hat der Zoll bislang nur wenige Ermittlungsverfahren eingeleitet.

06.09.2015, 23:01

Magdeburg l Im ersten Halbjahr 2015 haben die Beamten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Zoll bundesweit nur 285 Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Mindestlohngesetz eröffnet. Zuvor hatten sie rund 25 000 Arbeitgeber geprüft. Das geht aus einer Stellungnahme des Bundesarbeitsministeriums in Berlin hervor.

In Sachsen-Anhalt hat der Zoll in den ersten sechs Monaten knapp 500 Arbeitgeberprüfungen durchgeführt, vorwiegend in der Bau-Branche, im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie in der Landwirtschaft. In acht Fällen leiteten die Beamten im Anschluss ein Ermittlungsverfahren wegen Mindestlohn-Verstößen ein.

In der Einführungsphase der Lohnuntergrenze hätten die Ermittler vorwiegend nach dem Grundsatz „Aufklärung geht vor Ahndung“ gehandelt, betont Ralf Klose, Sprecher des Hauptzollamts Magdeburg. Der Zoll berücksichtige damit, dass bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern die neuen Regelungen nicht vollständig bekannt seien und Unsicherheiten bei der Umsetzung der Vorgaben bestünden.

Bei der zentralen Mindestlohn-Hotline des Deutschen Gewerkschaftsbunds in Magdeburg melden sich allerdings weiterhin Arbeitnehmer, die von Verstößen ihres Arbeitgebers gegen das Mindestlohngesetz berichten und sich beraten lassen. Zu Jahresbeginn registrierte das Callcenter im Schnitt 300 Anrufe pro Tag, inzwischen sind es nach Angaben des DGB noch 50 Anrufe.

Häufig würden die schwarzen Schafe unter den Arbeitgebern versuchen, Weihnachtsgeld oder Nachtzuschläge auf den Mindestlohn anzurechnen oder auf dem Papier die Zahl der Arbeitsstunden zu reduzieren. Manche Unternehmen stellen auch neue Arbeitsverträge aus, die zwar eine Bezahlung nach Mindestlohn vorsehen, aber keine Zusatzleistungen, die zuvor gezahlt wurden.

Andreas Steppuhn, Arbeitsmarkt-Experte der SPD in Sachsen-Anhalt, will die geringe Zahl der Ermittlungsverfahren trotzdem nicht überbewerten. „Sicher stellt die Zahl der Ermittlungen nur die Spitze des Eisbergs dar“, so Steppuhn. Aber mit der geplanten personellen Verstärkung des Zolls werde auch die Kontrolldichte zunehmen.

Derzeit beschäftigt der Zoll bundesweit 6900 Beamte, bis 2019 sollen noch 1600 hinzukommen. In Sachsen-Anhalt arbeiten momentan 150 Beamte bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, 90 weitere sollen folgen. Steppuhn geht außerdem davon aus, dass nur eine kleine Minderheit unter den Unternehmern versucht, den Mindestlohn zu umgehen: „Ich schätze, dass sich schon jetzt 90 Prozent an die gesetzlichen Vorgaben halten.“