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Kriminalität Gasbomber-Serie weitet sich aus

Seit August häufen sich die Sprengungen von Fahrkartenautomaten in Sachsen-Anhalt. Das LKA untersucht jetzt die Fälle.

Von Matthias Fricke 24.10.2015, 01:01

Magdeburg l Bundespolizisten sind an Morgen des 2. Oktober um 2.40 Uhr den Bahnsteig-Gasbombern haarscharf auf den Fersen. Ein Anwohner hört am Bahnhof in Güsen im Jerichower Land eine Detonation und ruft die Polizei. Eine Streife, die sich zufällig in unmittelbarer Nähe befindet, hört den Knall ebenfalls.

Die Beamten kommen in dem Moment dazu, als die Männer die Geldkassette an dem völlig zerstörten Gerät suchen. Einer von ihnen geht sofort mit einer Eisenstange auf die Polizisten los. Dann springt der Mann in einen bereitstehenden weißen Kleintransporter mit laufendem Motor, möglicherweise ein Renault Traffic. Der darin sitzende Fahrer gibt sofort Gas und der Wagen verschwindet in der Nacht.

Bei der Verfolgung verlieren die Beamten das flüchtende Fahrzeug aus den Augen. Auch der Einsatz des Hubschraubers hilft nicht weiter. Zwar haben die Polizisten die Gasbomber damit um die Beute gebracht, identifiziert sind sie bis heute aber immer noch nicht. Andreas von Koß, Sprecher des Landeskriminalamtes: „Bislang gibt es leider noch keine konkreten Hinweise zu Verdächtigen.“

Es blieb die bisher einzige Sichtung der Gasbomber, die fast ausschließlich am frühen Morgen auf leeren Bahnsteigen agieren. Derweil gab es seit 10. August 14 Explosionen an der Bahnsteigkante. „Viele Indizien sprechen dafür, dass die Fälle zusammenhängen“, so von Koß.

Auffällig ist: Fast alle Tatorte lagen im mittleren und nördlichen Sachsen-Anhalt. In drei Monaten flogen dort fast doppelt so viele Fahrkartenautomaten in die Luft wie sonst in einem Jahr im ganzen Land. Und: Im Großraum Berlin und Brandenburg fällt seit September eine Serie mit ähnlicher Vorgehensweise auf.

Auch dort fanden die Taten am frühen Morgen auf menschenleeren Bahnhöfen statt. Immer, wenn die Polizei eintraf, waren auch dort die Täter längst wieder verschwunden.

Andreas von Koß: „Wir halten Kontakt mit mehreren Behörden und anderen Bundesländern.“ Aus diesem Grund habe das LKA auch die Ermittlungen mit drei dafür gesondert abgestellten Beamten übernommen.

Der bei den Sprengungen entstandene Schaden wird inzwischen auf mindestens eine halbe Million Euro geschätzt. Die Beute sei nach Polizeiangaben hingegen recht gering: Sie wird auf einen niedrigen fünfstelligen Betrag geschätzt. Um das Sprengen von Fahrkartenautomaten für Ganoven künftig unattraktiv zu machen, hat die Bahn bereits den Einsatz von Farbpatronen in den Geldkassetten angekündigt. Diese färben die Banknoten im Fall eines Aufbruchs oder Sprengung derart ein, so dass sie damit unbrauchbar werden.

Bis Jahresende soll in Deutschland jeder siebente der 7000 Automaten damit ausgerüstet werden. Wie viele es in Sachsen-Anhalt sind, verschweigt die Bahn aber. Deutschlandweit wurden im vergangenen Jahr 390 Fahrkartenautomaten gesprengt. Der Schaden betrug laut Bahn etwa 6,7 Millionen Euro.