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Hundegesetz Zuchtverbot für vier Rassen

Sieben Jahre nach Inkrafttreten des Hundegesetzes in Sachsen-Anhalt wird die Regelung überarbeitet.

Von Matthias Fricke 26.10.2015, 00:01

Magdeburg l Die Novellierung des im März 2009 verabschiedeten Hundegesetzes von Sachsen-Anhalt wurde kürzlich im Landtag verabschiedet – nach fast drei Jahren Überarbeitungsdauer. In Kraft treten soll das neue Gesetz nach Information aus dem Innenministerium am 1. März 2016.

Die Neuregelung hat einen zentralen Kritikpunkt des bislang gültigen Gesetzes wieder abgeschafft. Ursprünglich mussten die Ordnungsbehörden bei Beißvorfällen völlig unabhängig von der Schuldfrage beide Hundehalter mit ihren Tieren reglementieren. In der Regel wurden von den zuständigen Ordnungsämtern Wesenstests der Hunde bei Tierärzten und die dazugehörigen Gutachten angeordnet, deren Kosten die Hundehalter tragen mussten – um 500 Euro.

Der Beurteilungs- und Wertungsspielraum der zuständigen Behörden bei der Prüfung, welcher Hund „gefährlich“ im Sinne des Gesetzes ist und wie sich die „Bissigkeit“ eines Tieres einstuft, hat sich nun vergrößert. So sagt das Gesetz, dass Hunde, die „nicht selbst angegriffen wurden“ oder die trotz einer „artüblichen Unterwerfungsgestik“ gebissen wurden, nicht als gefährlich eingestuft werden müssen.

Weiter heißt es im Gesetz: „Stehen zwingende tiermedizinische Gründe, namentlich Alter, Gebrechlichkeit oder Krankheit des Hundes, dauerhaft der Durchführung eines Wesenstestes entgegen, ist keine behördliche Fristsetzung notwendig.“ Zu deutsch: Ist ein Hund zu alt oder zu krank, um zuzubeißen, muss er nun nicht mehr zum Wesenstest. Das Magdeburger Ordnungsamt hat mit einer Vorschlagsliste maßgeblich zur Neuformulierung des Hundesgesetzes beigetragen. Von dort kommt – für diesen Teil der Gesetzgebung – Zustimmung. Der Gesetzgeber habe wichtigen Kritikpunkten der bisherigen Anwendungspraxis Rechnung getragen. „Insbesondere die Frage eines artgerechten Verhaltens bei Rangeleien unter Hunden kann zukünftig in die Behördenentscheidung einfließen. Auch das Verteidigungsverhalten von Hunden kann jetzt berücksichtigt werden“, sagte Stadtsprecherin Kerstin Kinszorra.

Bei einem anderen Thema äußert sich das Ordnungsamt von Magdeburg noch zurückhaltend: Wie soll ein neu im Gesetz aufgenommenes Zuchtverbot für die vier als besonders gefährlich eingestuften Rassen – sogenannte Kampfhunde – kontrolliert und reglementiert werden? Kinszorra: „Die genaue Durchführung der Umsetzung des Zuchtverbots steht noch nicht fest. Es muss aber auf jeden Fall in Zusammenarbeit mit Tierärzten erfolgen.“

Nach dem neuen Gesetz ist „die Zucht, die Vermehrung und der Handel mit gefährlichen Hunden verboten“. Gemeint sind die Rassen American Staffordshire Terrier, Bullterrier, American Pitbull Terrier und Staffordshire Bullterrier. Ein Importverbot für „Kampfhunde“-Rassen gibt es in Deutschland schon länger. Doch Sachsen-Anhalt geht mit dem Zuchtverbot nun noch einen Schritt weiter. Es soll sogar nicht nur für reinrassige Hunde gelten. Ausdrücklich heißt es im Gesetz, dass die Rassezugehörigkeit „nach dem äußeren Erscheinungsbild“ bestimmt wird. Also inbegriffen sind auch Kreuzungen der vier Rassen, wenn sie äußerlich als zugehörig zu diesen Rassen zu erkennen sind. Gegen die Gesetzesänderung regt sich Widerstand.

Die Tierschutzallianz bemängelt, dass es überhaupt noch eine Rasseliste gibt. „In Niedersachsen wurde sie abgeschafft und dafür die Pflicht zur Sachkunde eingeführt. Schleswig-Holstein folgt dem Beispiel“, sagt deren Bundesvorsitzender Josef Fassl aus Magdeburg.

In Sachsen-Anhalt dagegen habe es sich um eine rein politische Entscheidung gehandelt. Durch eine Neuformulierung werde zudem der Kreis der betroffenen Hunde noch erweitert, weil nicht mehr nur die genetische Rassezugehörigkeit eine Rolle spiele, sondern das Erscheinungsbild. Damit sei der Behördenwillkür Tür und Tor geöffnet.

Fassl kritisiert auch das Zuchtverbot: „Hier zeigt sich das ganze Dilemma der Ignoranz: Ein Zuchtverbot hätte überhaupt nur Erfolg, wenn es bundesweit gültig wäre.“ Es sei mit einer Klagewelle zu rechnen. Eine Reduzierung des Rassebestandes werde ohnehin nicht erreicht, wenn zum Beispiel Züchter nach Niedersachsen wechseln.