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Radio-Affäre Ermittlungen gegen den Chef von Radio SAW

Ein fragwürdiger Rundfunkpreis bleibt hingegen nach einem Beschluss der Landesmedienanstalt ohne Konsequenzen.

Von Hagen Eichler 29.10.2015, 00:01

Halle/Magdeburg l Die Ermittlungen wegen mutmaßlicher Medienrechtsverstöße beim Magdeburger Privatsender Radio SAW richten sich gegen dessen Geschäftsführer Mario Liese. Das hat die Landesmedienanstalt in Halle am Mittwoch entschieden. Sollte Liese keine Schuld nachgewiesen werden, soll automatisch dessen Arbeitgeber ins Visier der Ermittlungen geraten, die VMG Mediengruppe. „Wir wollen zweigleisig ermitteln“, begründete Albrecht Steinhäuser, Vorstandsvorsitzender der Medienanstalt. Als mögliche Sanktion steht ein Bußgeld im Raum.

Nach Volksstimme-Enthüllungen über gekaufte Rundfunkbeiträge hatte die Medienaufsicht Ermittlungen aufgenommen. Im Visier sind Sendungen vom 29. Juni und vom 7. September. In einem Fall hatte Justizministerin Angela Kolb (SPD) eine Initiative zum Thema Opferschutz beworben, im anderen wurde Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) zum Sanierungsprogramm Stark III interviewt. Bezahlt wurden die Sendungen von der EU und dem Land. Radio SAW machte dies nicht kenntlich, die Sendungen wirkten wie unabhängige Berichterstattung.

Zwei weitere Sendungen werden hingegen nicht weiter hinterfragt, weil Verstöße bereits verjährt wären. Das entschied das höchste Gremium der Medienanstalt, die Versammlung. Sie folgte einer Empfehlung zweier Ausschüsse. Alle Beschlüsse seien bei einer Enthaltung einstimmig gefallen, sagte Steinhäuser.

Unter Hinweis auf Verjährung wird auch eine fragwürdige Preisverleihung nicht weiter untersucht. 2011 hatte die SAW-Moderatorin Maren Sieb, heute Chefin der landeseigenen Lotto-Gesellschaft, den Rundfunkpreis Mitteldeutschland erhalten.

Geehrt wurde Sieb für die Moderation einer Sendung zum Thema Behinderung. Vor sechs Wochen deckte die Volksstimme auf, dass Sieb für diese und drei weitere Sendungen 68.000 Euro vom Paritätischen Wohlfahrtsverband erhalten hat.

Radio SAW betont, Sieb habe die Sendung als freie Mitarbeiterin von SAW moderiert. Wie sich diese Rolle als unabhängige Radio-Journalistin damit verträgt, dass Sieb von ihren Interviewpartnern eine erkleckliche Summe kassierte, kommentiert der Sender nicht. Die Medienaufsicht sieht eventuelle Verstöße als verjährt an. Die Ausschreibungsbedingung für den Rundfunkpreis – eine eigene Moderation – habe Sieb erfüllt, sagt Martin Heine, Direktor der Medienanstalt. „Deshalb haben wir keinen Anlass für Untersuchungen.“

Der amtierende Landesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Uwe Gajowski, hält die Auszeichnung für bedenklich. Rechtlich sei die Medienaufsicht an die Verjährungsfrist gebunden. „Moralisch aber bleibt ein Geschmäckle.“

Unterdessen betont die CDU, für bezahlte Auftritte von Politikern hätten auch diese selbst eine Verantwortung. „Der Verdacht erhärtet sich, dass es Verstöße gegen das Medienrecht gegeben hat. Nutznießer waren zwei SPD-geführte Ministerien“, sagte CDU-Fraktionschef André Schröder der Volksstimme. Das mache nachdenklich und müsse zu Konsequenzen führen. Die beiden Ministerien hingegen hatten argumentiert, die Kennzeichnung der Sendungen als bezahlte Auftragswerke sei nicht ihre Aufgabe, sondern die des Senders.