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Fall Gürth Nur die halbe Wahrheit

Kritik an Landtagspräsident Detlef Gürth (CDU): Seine Ankündigung, das Verfahren gegen ihn sei eingestellt, ist nur die halbe Wahrheit.

Von Jens Schmidt 06.11.2015, 00:01

Magdeburg l Landtagspräsident Detlef Gürth (CDU) hat am Donnerstag den Ältestenrat im Landtag darüber informiert, dass die Steuerstrafermittlung gegen ihn eingestellt worden sei. Dass er aber auf Order der Staatsanwaltschaft 17.000 Euro in die Landeskasse zahlen muss, hat er offenbar verschwiegen. Im Ältestenrat sind alle Fraktionen vertreten, es ist das wichtigste Berater-Gremium des Präsidenten.

Linken-Fraktionschef Wulf Gallert – der bei der Sitzung dabei war - erfuhr von der Zahlungsaufforderung erst am späten Nachmittag durch die Volksstimme. „Von den 17.000 Euro hat Herr Gürth uns nichts erzählt“, war Gallert perplex. „Das ist keine kleine Summe. Also da muss es noch eine Diskussion darüber geben, wie wir damit umgehen.“ Ob diese in eine Kritik oder gar in eine Rücktrittsaufforderung mündet, ist noch offen. Die CDU-Fraktion geht davon aus, dass Gürth die „gemachten Auflagen akzeptiert“. Auch für die SPD ist die Sache erledigt.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es aber auch in den Koalitionsfraktionen: Nach der Landtagswahl im März 2016 soll Gürth den Präsidentenstuhl räumen.

Die Staatsanwaltschaft hatte im Sommer Ermittlungen gegen Gürth eingeleitet. Er selbst hatte öffentlich eingeräumt, dass er zwei Jahre lang trotz Mahnung keine Steuererklärung abgegeben habe. „Das war schusselig und hätte mir nicht passieren dürfen.“ Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hatten sich aber auf fünf Jahre (2009 bis 2013) erstreckt, wobei es im Kern um Steuerhinterziehung ging und nicht allein um verschusselte Steuererklärungen. Während der Ermittlung im Sommer standen 130.000 Euro Schaden zum Nachteil der Steuerkasse in Rede. Zum tatsächlich ermittelten Steuerschaden sagten die Ermittler gestern unter Hinweis auf das Steuergeheimnis nichts.

Überhaupt war gestern in der Staatsanwaltschaft niemand zu erreichen, um die Entscheidung der Ermittler zu begründen oder zu erläutern. Oberstaatsanwalt Horst Nopens teilte lediglich schriftlich mit, dasss das Verfahren wegen „geringen Verschuldens mit Zustimmung des insoweit zuständigen Strafgerichts“ endgültig eingestellt wurde. Dies aber gegen „Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 17.000 Euro an die Landeskasse“.

Die Strafprozessordnung ermöglicht es, Verfahren gegen Auflagen einzustellen. Ein Jurist erläutert der Volksstimme: „Das heißt, dass aus Sicht der Ermittler der Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt ist, die persönliche Schuld aber so gering erscheint, so dass ein Ausgleich durch Zahlung einer Auflage erfolgt.“

In Gürths Fall sind es 17.000 Euro. Zahlt er, räumt er objektiv eine Mitverantwortung ein. Er könnte auch nicht zahlen, auf einen Prozess bestehen und auf einen Freispruch hoffen. Gürth ließ am Donnerstag auf Anfrage der Volksstimme seinen Sprecher mitteilen: „Herr Gürth wird das nicht weiter kommentieren.“