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Fördermittel-Affäre Strafbefehl in Affäre um Jahnhalle

Zwei Jahre, nachdem die Volksstimme eine Fördermittel-Affäre in Wolmirstedt aufgedeckt hat, ist auch die Justiz zu einem Ergebnis gekommen.

09.11.2015, 23:01

Magdeburg l Das Amtsgericht Magdeburg hat einen Strafbefehl gegen Gerald Zimmermann erlassen. Das bestätigte ein Gerichtssprecher der Volksstimme. Der Ex-CDU-Politiker und ehemalige Vorsitzende des Wolmirstedter Stadtrates soll sich im Zuge der Sanierung der Jahnhalle der Untreue schuldig gemacht haben. Gegen Zimmermann wurde eine Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen verhängt (insgesamt 9.000 Euro).

Vor zwei Jahren hatte die Volksstimme die Unregelmäßigkeiten bei der Sanierung der Jahnhalle aufgedeckt. Der damalige Vorsitzende des Stadtrates hatte dabei eine zentrale Rolle eingenommen. Sein Taekwondo-Verein „Wolves“ fungierte als Bauherr.

Rückblick: Im Herbst 2009 wurde die für 1,35 Millionen Euro sanierte Jahnhalle in Betrieb genommen. Die EU (570.000 Euro), der Bund und das Land (275.000 Euro) gewährten Fördergelder, auch die Stadt unterstützte das Vorhaben. Doch bei der Abrechnung hakte es.

Das Land zahlte die Fördermittel an die Stadt, die wiederum reichte die Gelder an den Bauherren, Zimmermanns Taekwondo-Verein, weiter. Doch weil Fördermittel erst nach Einreichung der Belege ausgezahlt werden, geriet der Taekwondo-Verein finanziell unter Druck. Er musste das Geld vorstrecken.

Um die Engpässe zu überbrücken, nahm der Verein einen Kredit zur Zwischenfinanzierung auf. Die Stadt trat als Bürge ein. Mit dem Kredit sollte der Taekwondo-Verein die Baufirmen bezahlen und die Fördermittel später zur Bedienung des Kredits einsetzen.

Im Herbst 2010 fiel die Stadtverwaltung dann aus allen Wolken: Eine Bankenauskunft ergab, dass Zimmermann nur 4.500 Euro getilgt hatte. Noch nicht ausgezahlte Fördergeldbeträge überwies die Stadt deshalb direkt an die Bank. Doch für den Restbetrag wurde die Stadt als Bürge herangezogen. Schaden: rund 350.000 Euro.

Was mit diesem Geld geschehen ist, ist unklar. Möglicherweise hat der Verein damit Mehrausgaben beglichen. Für die Staatsanwaltschaft steht jedoch fest: Gerald Zimmermann hat Untreue begangen, weil er den Zwischenfinanzierungskredit bei der Bank nicht wie vereinbart mit den Fördermitteln getilgt hat.

Der Ex-Politiker, der infolge der Affäre aus der CDU austrat, hat Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt. Damit wird es 2016 zu einer Verhandlung kommen. Gegenüber der Volksstimme wollte sich Zimmermann nicht zu den Vorwürfen äußern. Er sagte nur: „Ich sehe dem Verfahren gelassen entgegen.“

Zimmermann und sein Taekwondo-Verein werden nicht das erste Mal vor Gericht stehen. Die Stadt Wolmirstedt hat bereits einen Zivilprozess gewonnen, durch den sie den Sportverein für den Bürgschaftsschaden haftbar machen wollte. Der Taekwondo-Verein ist jedoch insolvent. Derzeit wird geprüft, ob die Halle zurück in den Besitz der Stadt fallen kann.

Hauptnutzer der Jahnhalle ist Gerald Zimmermanns Sohn Sascha. Er betreibt ein Fitnessstudio. Im Internet behauptet Sascha Zimmermann, die Stadt habe den Verein durch das Verfahren in die Insolvenz getrieben.

Tatsächlich könnte Sascha Zimmermann für die Insolvenz jedoch mitverantwortlich sein. Wie der Insolvenzverwalter der Volksstimme bestätigte, gibt es „erhebliche“ Mietzahlungsrückstände gegenüber dem Taekwondo-Verein. Auch wegen Sportgeräten, die der Verein an Sascha Zimmermann verkauft hat, bestünden noch „erhebliche alte Restforderungen“. Sascha Zimmermann wollte sich dazu am Montag nicht äußern.