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Gerichtsentscheid Verwirrung um Zulassung zum Abitur

In einer überraschenden Entscheidung hat das Oberverwaltungsgericht Magdeburg eine wichtige Regelung für nichtig erklärt.

Von Hagen Eichler 12.11.2015, 00:01

Magdeburg l Der juristische Streit dreht sich um die Frage, wie viele schlechte Halbjahresnoten ein Schüler haben darf, um noch zur Abiturprüfung zugelassen zu werden. Seit 2014 sind Zeugnisnoten von weniger als fünf Punkten (Note 4) höchstens zehn Mal erlaubt. Die Gymnasien stützen sich dabei auf die Oberstufen- verordnung des Landes. Diese Rechtsnorm hat das Oberverwaltungs- gericht Magdeburg nun jedoch anders ausgelegt. Dem Gericht zufolge sind nicht zehn, sondern lediglich acht Minderleistungen zulässig.

Anlass der Entscheidung war der Antrag eines Schülers am Dessauer Gymnasium Philanthropinum, ihn zur diesjährigen Abiturprüfung zuzulassen. Weil der Schüler zu viele Minderleistungen hatte, unterlag er vor dem Verwaltungsgericht Halle wie auch vor dem Oberverwaltungsgericht Magdeburg. Dessen Entscheidung vom 24. April gilt unmittelbar nur für den heute 20-Jährigen.

Allerdings hat sie auch Signalwirkung: Die Praxis der Gymnasien, Schüler mit neun oder zehn Minderleistungen zuzulassen, ist aus Sicht des Gerichtes rechtswidrig. Seit 2014 gehen demnach Schüler in die Prüfung, die dazu gar nicht berechtigt sind.

Das Kultusministerium will dennoch, dass die Schulen am bisherigen Verfahren festhalten. „In dem Beschluss geht es um einen konkreten Einzelfall, das ist kein Grundsatzurteil“, sagt Sprecher Martin Hanusch. Das Ministerium sei vom Gericht auch nicht gehört worden, konnte also die Absicht der Verordnung nicht erläutern.

Der Anwalt des Dessauer Schülers widerspricht. „Die Behörden sind an Recht und Gesetz gebunden, also auch an die Rechtsprechung. Die jetzige Unsicherheit an den Schulen ist sehr problematisch“, sagt der hallesche Schulrechtsexperte Thomas Herz.

Die strittige Regelung hat im Schulalltag erhebliche Bedeutung. So berichtet ein Schulleiter, dass von seinen 60 Abiturienten in diesem Sommer fünf Schüler nicht zugelassen worden wären, hätte der Maßstab des Oberverwaltungsgerichts gegolten. „Das würde viele hart treffen“, sagte der Direktor.