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Rechnungshof Millionenschwerer Stillstand

Die oberste Kontrollbehörde kritisiert Verschwendung von Steuergeld.

Von Michael Bock 17.11.2015, 00:01

Magdeburg l Das Land gibt jährlich rund zehn Milliarden Euro aus. Dabei werden nach Auffassung des Landesrechnungshofs  etliche Millionen Euro verschwendet. Am Montag wurden Fälle von Missmanagement vorgestellt. Die Spannweite des neuen Jahresberichts reicht von Büros der Ministerien über Fördermittel für die Solarbranche bis hin zu Misswirtschaft beim Wagnis-Kapital. Drei Beispiele:

SOLAR-FÖRDERUNG

Die Solarfirma Solibro in Bitterfeld-Wolfen erhielt zwischen 2007 und 2009 insgesamt 9,5 Millionen Euro Fördergeld für eine neue Anlage. Eine Auflage war, dass mit den geförderten Anlagen und Maschinen auch etwas produziert werden muss – und zwar mindestens bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Ende des Investitionszeitraums. Doch schon nach eineinhalb Jahren wurden die Maschinen abgeschaltet. Der Präsident des Landesrechnungshofs, Kay Barthel, spricht von „gefördertem millionenschwerem Stillstand“.

Das Fördergeld musste nicht zurückgezahlt werden, weil nach Meinung der Regierung die versprochenen 130 Arbeitsplätze geschaffen worden waren. „Was machen die dann stattdessen?“, fragte Barthel. Seine Prüfer hätten die Firma besucht. „Die Halle war menschenleer.“ Barthel: „Man hätte eine Rückforderung prüfen müssen.“

Das Wirtschaftsministerium erklärte auf Volksstimme-Anfrage, Solibro habe die geförderte Betriebsstätte nicht stillgelegt, sondern in einem Stand-By-Modus gefahren, um kurzfristig auf sich ändernde Marktentwicklungen reagieren zu können: „Es lagen also keine Rückforderungsgründe für die Fördermittel vor.“

RISIKO-KAPITAL

Der Rechnungshof konstatiert „Missmanagement bei der Vergabe von Riskokapital durch die IBG“. Diese 1996 gegründete landeseigene Beteiligungsgesellschaft soll mit öffentlichem Geld die Entwicklung der Wirtschaft anschieben – und beteiligt sich mit Wagniskapital an Firmen. Allerdings: Es fehlten transparentes Handeln und verbindliche Regeln. Der Rechnungshof rügt, dass die Verwaltung des Geldes erneut in private Hände gegeben wurde – nachdem dem früheren Manager gekündigt worden war, weil er unter anderem auch eigenes Geld in geförderte Firmen steckte. Zudem kritisieren die Rechnungsprüfer die Bezahlung der Manager: „Je mehr Beteiligungen eingegangen werden, desto höher ist die Vergütung“, sagte Barthel. Inwieweit Arbeitsplätze geschaffen würden, sei nachrangig.

Die oppositionelle Linke erklärte am Montag: „Es wird nach wie vor Masse statt Klasse bezahlt.“ Der Rechnungshof schlussfolgert: „Wenn die Einwerbung zusätzliche privaten Kapitals nicht gelingt, und wenn der Kapitalverzehr nicht spürbar abnimmt, dürfte die Privatisierung des Beteiligungsmanagements endgültig als gescheitert angesehen werden.“ Laut Rechnungshof sind dem Land allein zwischen 2007 und 2013 rund 80 Millionen Euro verloren gegangen.

Eigentlich sollte der frühere Präsident des Landesrechnungshofs, Ralf Seibicke, bereits zum 1. Oktober hauptamtlicher Geschäftsführer der IBG werden. Doch bis heute hat sich nichts getan. Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es gestern nur: „Wir sind nach wie vor in guten Gesprächen.“

BÜROFLÄCHEN

Nach der Regierungsbildung 2011 wurden die Ministerien neu zugeschnitten – das erforderte auch Umzüge vieler Mitarbeiter. Obwohl die Zahl der Beschäftigten sank, stieg die genutzte Bürofläche an. Barthel bezifferte die zusätzlichen Mietkosten auf mehr als 500 000 Euro pro Jahr. Dabei seien oftmals auch Flächen von Privaten angemietet worden statt eigene Immobilien zu nutzen. Und: „Viele Ressorts konnten ihren eigenen Bedarf nicht nennen.“