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Besoldung Einkommens-Plus von 5 Euro empört Richter

Der Finanzminister will den Richtern so wenig zahlen wie gerade noch erlaubt. Für Landtagsabgeordnete soll ein anderer Maßstab gelten.

Von Hagen Eichler 25.11.2015, 00:01

Magdeburg l Mit einem Grundsatzurteil hatte das Bundes- verfassungsgericht im Mai entschieden, dass Sachsen-Anhalt die Richter der Besoldungs- gruppe R1 verfassungswidrig unterbezahlt. Nun berät der Landtag über Nachzahlungen – doch die geplanten Summen empören die Richter erst recht. Von einem „weiteren Affront gegen die dritte Gewalt im Staat“ spricht der Verband der Verwaltungsrichter.

Karlsruhe hatte fünf Vergleichswerte herangezogen, um festzustellen, ob Sachsen-Anhalts Besoldung angemessen ist. Maßstab sind unter anderem die Inflationsrate, die allgemeine Lohnentwicklung und die Tarife im öffentlichen Dienst. Bleibt der Sold in drei von fünf Kriterien deutlich zurück, verstößt er gegen das Grundgesetz.

Das Finanzministerium hat nun für jedes Jahr diejenigen Vergleichswerte herausgesucht, die das Land mit möglichst wenig Geld erreichen kann. Gleichzeitig pirscht sich Bullerjahn bis auf einen Zehntel-Prozentpunkt an die verfassungsrechtlich bedenkliche Grenze heran.

Für die Abgeordneten selbst gilt eine solche Pfennigfuchserei nicht. Im kommenden Frühjahr steigt deren monatliche Grundentschädigung von 5655 Euro auf 5975 Euro. Erreicht hat der Landtag das, indem er sein eigenes Salär vom Richtersold abgekoppelt hat. 13 Jahre lang basierten die Diäten auf der Besoldungsgruppe R1. Vom nächsten Jahr an orientiert sie sich nun am Nominallohnindex, also dem durchschnittlichen Einkommen aller abhängig Beschäftigten.

Mini-Nachzahlungen für Richter, satter Aufschlag für Abgeordnete – das empört die Berufsgruppe. „Kein Richter im Land versteht, warum sich der Dienstherr so verhält“, sagt Norbert Hartge. Der Staatsanwalt aus Halle ist einer der vier Kläger, die das aufsehenerregende Urteil in Karlsruhe erreicht hatten. Die Nachzahlungen, die nach dem Gesetzentwurf von Jens Bullerjahn (SPD) vorgesehen sind, hält er für lächerlich. Das Jahr 2009 etwa soll mit einem Einkommens-Plus von 0,1 Prozent Karlsruhe-tauglich gemacht werden. Hartge würde das eine Nachzahlung von 5 Euro bescheren. Für die zurückliegenden sieben Jahre zusammen wären es 3000 Euro.

„Nicht akzeptabel“ sei die geplante Neuregelung, sagt Markus Niester, Vorsitzender beim Bund der Richter und Staatsanwälte in Sachsen-Anhalt. Auch der Verband der Verwaltungsrichter ist empört. „Dieser Gesetzentwurf ist kleinkariert und schafft keinen Rechtsfrieden“, sagt Landesvorsitzende Kristina Kubon.

Die Landtagsopposition teilt die Bedenken. „Als verantwortlicher Dienstherr darf man so nicht handeln“, kritisiert Swen Knöchel (Linke). Bullerjahns Tricks, um die Entlohnung gerade noch so verfassungsgemäß zu gestalten, seien „deplatziert“. Am heutigen Mittwoch will der Finanzausschuss den Gesetzentwurf auf den Weg bringen.

Bedenken hat allerdings auch die mitregierende CDU. Noch am Dienstag versuchte sie, die SPD von einer großzügigeren Regelung zu überzeugen. „Das Risiko, dass Sachsen-Anhalt erneut vor dem Bundesverfassungsgericht verliert, ist sonst sehr hoch“, sagte die CDU-Finanzpolitikerin Eva Feußner am Dienstagmittag.

Ihre Warnung war vergeblich: Die SPD besteht auf Bullerjahns Gesetz. „Wir sehen damit die Forderungen des Bundesverfassungsgericht als erfüllt an“, sagt die CDU-Abgeordnete Krimhild Niestedt am Abend. Nach den Regeln der Koalition muss die CDU dem Entwurf des Ministers nun zustimmen.