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Briefwahl Land schiebt Fälschern Riegel vor

Eine massenhafte Manipulation von Stimmen bei der Briefwahl soll künftig in Sachsen-Anhalt strikt unterbunden werden.

27.12.2015, 23:01

Magdeburg/Stendal l Zwei neue Regelungen in der Kommunalwahl-ordnung hat das Innenministerium kurz vor Weihnachten im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes veröffentlicht. Sie gelten ab 2016. Das Stahlknecht-Ressort zieht damit Konsequenzen aus der Aushebelung der Vollmacht-Regelungen in Stendal im Mai 2014.

Damals hatten in der altmärkischen Hansestadt zwölf Personen für insgesamt 189 Wahlberechtigte Briefwahlunterlagen abgeholt. In einem Fall waren es sogar 30 – erlaubt sind jedoch maximal vier. Diese Regelung hatten die Rathaus-Mitarbeiter indes „übersehen“, so Stendals Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt (CDU).

Nach bisherigen Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft waren fast 90 Prozent dieser Vollmachten gefälscht. Dadurch dürften rund 1000 Stimmen bei der Kreistags- und Stadtratswahl manipuliert worden sein. Sachsen-Anhalts bislang größter Wahlskandal.

Diesem Missbrauch will das Land nunmehr einen Riegel vorschieben. Herzstück ist dazu eine Änderung in der Kommunalwahlordnung: Die Gemeinden können künftig ein Bevollmächtigten-Verzeichnis mit personenbezogenen Daten von bevollmächtigten Personen und Wahlberechtigten anlegen, um so die Ausgabe der Briefwahlunterlagen besser kontrollieren zu können. Zudem gibt es nunmehr ein einheitliches Muster für die Versicherung des Bevollmächtigten, nicht mehr als vier Wahlberechtigte zu vertreten.

Ministeriumssprecherin Nancy Eggeling bezeichnet beide Regelungen als „weitere Sicherung der Ausgestaltung des Briefwahlverfahrens“. Mit ihnen soll „die konsequente Kontrolle der Einhaltung der sogenannten Vierer-Regelung erreicht werden“. Eggeling: „Die Kreiswahlleiter wurden explizit auf die neuen Regelungen hingewiesen und darum gebeten, die Gemeinden und Verbandsgemeinden diesbezüglich zu sensibilisieren.“

Unterdessen stehen die Strafermittlungen im Stendaler Wahlskandal kurz vor dem Abschluss. Die Staatsanwaltschaft wartet nur noch auf ein Schriftgutachten. Nach Volksstimme-Informationen ist damit eine Schriftexpertin aus dem Landeskriminalamt beauftragt. Die polizeilichen Befragungen von mehr als 100 Zeugen sind dagegen abgeschlossen und ausgewertet.

Neben dem ehemaligen Stendaler CDU-Stadtrat Holger Gebhardt als mutmaßlichem Drahtzieher hat die Staatsanwaltschaft jene zwölf Personen als Tatverdächtige im Visier, die sich damals als Bevollmächtigte ausgegeben haben. Darunter sind auch Gebhardts Lebensgefährtin und Stendals CDU-Kreisvorsitzender Wolfgang Kühnel. Näher wollen sich die Strafermittler aber erst nach Abschluss des Verfahrens äußern.