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Statistik Zahl junger Flüchtlinge verzehnfacht

Die Zahl der minderjährigen Flüchtlinge ohne Eltern hat sich in Sachsen-Anhalt seit 2014 mehr als verzehnfacht.

Von Elisa Sowieja 09.01.2016, 00:01

Halle l 919 unbegleitete Flüchtlinge unter 18 Jahren sind hierzulande derzeit untergebracht. Ende 2014 waren es noch 83. Der große Sprung erklärt sich vor allem durch eine neue Verteilungsregelung, die der Bund im Herbst in Kraft gesetzt hat. Demnach muss Sachsen-Anhalt künftig 2,8 Prozent der geflohenen Kinder und Jugendlichen, die ohne Eltern in Deutschland ankommen, aufnehmen.

Landesverwaltungsamts-Chef Thomas Pleye zufolge dürften in diesem Jahr noch einige Hundert hinzukommen. Denn bisher ist erst rund die Hälfte der Quote erfüllt.

Der überwiegende Teil der Minderjährigen ist bereits zwischen 15 und 17 Jahre alt, so gut wie alle sind männlich. Für die jungen Menschen ist es von großer Bedeutung, ob sie als Unter-18-Jährige anerkannt werden, denn dieser Status bringt Vorteile mit sich: Bis sie volljährig sind, werden sie in Deutschland geduldet, erst dann beginnt ihr Asylverfahren. Sie haben ein Recht auf eigenen Wohnraum, Bildung, rechtliche Vertretung und Gesundheitsversorgung.

Da viele junge Menschen ohne Papiere nach Deutschland kommen, muss das Alter oft geschätzt werden. In Sachsen-Anhalt erfolgt das nach Augenschein beim Jugendamt.

Die Altersbestimmung ist allgemein umstritten. Auf der einen Seite berichtet etwa der Magdeburger Verein Refugium, der Vormundschaften für minderjährige Flüchtlinge übernimmt, dass Jugendliche nach der Flucht erst einmal älter wirken würden. So könne es passieren, dass sie als Erwachsene gelten.

Auf der anderen Seite geben sich manche als jünger aus als sie sind, wie beispielsweise kürzlich eine Senatsanfrage in Hamburg ergeben hat. Dort ist eine medizinische Feststellung gang und gäbe, bei der unter anderem Handknochen geröntgt und Genitalien untersucht werden.

Wer als minderjähriger Flüchtling ohne Eltern in Sachsen-Anhalt landet, kommt zunächst in eine sogenannte Clearingstelle. Dort klärt man Hintergründe der Flucht, sucht nach Verwandten in Deutschland, erteilt erste Deutsch-Stunden. Außerdem wird in Erfahrung gebracht, welchen Bildungsstand jemand hat und ob er beispielsweise durch ein Trauma besonders belastet ist. Dementsprechend wird – meist nach einigen Monaten – entschieden, welche Wohneinrichtung für denjenigen geeignet ist.

Insgesamt 830 davon hält das Land vor, neben Heimen gehören dazu auch Einrichtungen mit Wohngruppen. In den vergangenen Monaten habe man sich dort auf den Zustrom vorbereitet, berichtet Landesverwaltungsamts-Chef Pleye: Heime seien erweitert, Personal sei aufgestockt. Doch reicht das bereits für das gesamte Jahr 2016 aus? Zur Zeit habe man Kapazitäten, sagt Pleye. Ob sie bis zum Ende des Jahres ausreichen werden, könne man noch nicht sagen.